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Im Gespräch mit Dagmar Wöhrl.

Christin Prizelius | 09.09.24 | Interview mit Dagmar Wöhrl | © Dagmar Wöhrl, RTL / Bernd-Michael Maurer

Dagmar Wöhrl ist Investorin und Unternehmerin, Rechtsanwältin, saß für die CSU im Deutschen Bundestag, ist außerdem ehemalige Miss Germany und auch sozial sehr engagiert. Mit uns hat sie über ihre vielfältigen und wertvollen Tätigkeiten gesprochen.

Vor kurzem haben Sie einen runden Geburtstag gefeiert. Mit welchen Gedanken und Gefühlen schauen Sie auf Ihr Lebenswerk zurück?

Das klingt ein bisschen pathetisch. Ich hoffe doch, dass ich noch einiges in der Zukunft bewerkstelligen kann und mein „Lebenswerk“ noch nicht abgeschlossen ist. Schaue ich auf die hinter mir liegenden Jahre zurück, dann bin ich mit meinem bisherigen Lebensverlauf mehr als im Reinen.

“Wichtig ist, dass ich noch immer neugierig auf das Leben bin.”

Was beeindruckt Sie jeden Tag aufs Neue und was macht Ihnen bei all Ihren Tätigkeiten besonders viel Freude?

Da gibt es viele Dinge. Aber ich glaube, wichtig ist, dass ich noch immer neugierig auf das Leben bin. Ich fühle mich noch nicht zu alt, um etwas zu bewirken. Der Austausch mit der jüngeren Generation inspiriert und ich bin gespannt, welche Ideen und Innovationen von ihnen unser aller Leben bereichern. Ich freue mich ebenso, wenn ich als Mentorin an der Seite junger Gründerinnen und Gründer stehen und sie auf ihrem Erfolgsweg begleiten kann.

Bild: © Dagmar Wöhrl, Fotograf: Tobias Koch

Sie wurden mal nach Gedanken von universaler Gültigkeit gefragt und sagten dazu: „Es ist besser, ein kleines Licht zu entzünden, als über große Dunkelheit zu fluchen.“ Das ist nun schon ein paar Jahre her, inzwischen ist im In- und Ausland viel passiert. Ist das für Sie heute noch genauso zutreffend? Oder würden Sie aktuell etwas anderes dazu sagen?

Ich finde den Gedanken heute fast noch passender. Es wäre vieles einfacher in der Welt, wenn jeder so denken und handeln würde. Meine momentane Empfindung ist, dass jeder sich mehr und mehr in seine eigene Bubble zurückzieht und gar keinen Blick für das große Ganze hat. Dabei würde die Dunkelheit – vor allem auch so mancher Gedanken – beinahe ausgelöscht, würde jeder Einzelne nur ein kleines Licht entzünden. Zusammengenommen wäre es eine große, lodernde Flamme, die jede Dunkelheit vertreiben würde.

Was nehmen Sie aus der Zeit Ihrer politischen Wirkung im Bundestag mit?

Die Arbeit als Bundestagsabgeordnete war zeitintensiv und oft mit kurzen, arbeitsreichen Nächten versehen. Dennoch möchte ich diese Zeit auf keinen Fall missen, denn ich habe gelernt, auch mit vermeintlich anders Denkenden Kompromisse zu schließen, um in der Sache nach vorn zu kommen. Ferner hat die Zeit mich Durchsetzungskraft gelehrt, und nicht den Blick für das Wesentliche zu verlieren.

Wie schauen Sie auf die aktuelle Lage, innen- wie außenpolitisch?

Oje, wie viel Platz haben wir denn (lacht)? Ganz ehrlich? Die derzeitige Weltlage ist schon explosiv. Gefühlt gab es für mich noch nie so viele Krisen wie derzeit: der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der Nahostkonflikt, der Rechtsruck in Europa, die Armutslage vieler Kinder in den Krisengebieten. Das alles hat natürlich Auswirkungen auf Deutschland, auch wenn nicht alles innerhalb unserer Grenzen gelöst werden kann. Dennoch bin ich der Meinung, dass die derzeitige Regierung nicht besonders großes Vertrauen erweckt, für die Herausforderungen der Zeit gewappnet zu sein. Über unsere katastrophale Wirtschaftslage will ich erst gar nicht reden. Es ist eine Katastrophe, wie wir als ehemals führende Industrienation auf die letzten Plätze gerutscht sind.

Bild: © Dagmar Wöhrl, Fotograf: Tobias Koch

Schaffen Sie es, dabei optimistisch zu bleiben?

Immer. Ich bin ein grundoptimistischer Mensch.

Sie sind in Nürnberg geboren und aufgewachsen und mit dieser Region sehr verbunden. Was schätzen Sie hier besonders und woran denken Sie aus Kindheitstagen gerne zurück?

Meine Kindheit war sehr schön. Aufgewachsen in einem Mehrgenerationenhaus, behütet und geliebt. Eltern, die schon damals, zu einer Zeit, wo das nicht üblich war, relative Gleichberechtigung lebten, denn meine Mama war bis zur Rente voll erwerbstätig. Eine Errungenschaft, die sie mir auch stets ans Herz legte. In ihren Augen war es immens wichtig, dass man als Frau auf eigenen Füßen steht und nicht finanziell abhängig ist. Das hat mich zeit meines Lebens geprägt. Ich liebe an Nürnberg den kleinstädtischen Charakter – trotz seiner mehr als 500.000 Einwohner. Nürnberg bietet für jeden etwas und hat dennoch keinen anonymen Charakter. Einfach zum Wohlfühlen.

Was gibt Ihnen daraus evtl. auch heute noch Kraft?

Nürnberg ist meine Heimat, mein Rückzugsort. Hier kann ich Kultur erleben, mit dem „Glubb“ mitfiebern, kulinarisch zwischen „Drei im Weckla“ und Sterneküche wählen und mich in den endlosen Wäldern verlieren. Kurzum, hier tanke ich auf.

Haben Sie Ihre bisherigen Erfahrungen als ehemalige Miss Germany, Anwältin, Unternehmerin, Investorin, Honorarkonsulin für Sri Lanka sowie Parlamentarische Staatssekretärin, aber auch in Ihren sozialen Tätigkeiten immer als Einheit gesehen oder musste man da hin und wieder auch gegensätzliche Entscheidungen treffen?

Ich hatte das Glück, dass mein Engagement nie zu Gewissenskonflikten geführt hat. Im Gegenteil. Meine Arbeit als Anwältin hat mich im Bundestag Abläufe schneller erfassen lassen. Als Unternehmerin konnte ich Expertise in mein Amt als Staatssekretärin einbringen, aber auch aufzeichnen, wo es in der Wirtschaft hakt. Als Ausschussvorsitzende für Entwicklungszusammenarbeit hat sich mein soziales Engagement eher noch verstärkt, weil ich gesehen habe, wie elend, hoffnungslos und alleingelassen die Menschen in vielen ärmeren
Ländern sind.

„Für mich waren meine Berufe immer Erfüllung, Bereicherung und eigenes Wachsen.“

Sind Sie allen Bereichen immer mit der gleichen Leidenschaft nachgegangen, wenn ja, was ist dann das Geheimnis dafür?

Hier gibt es kein Geheimnis. Wenn man alles mit Leidenschaft und vollem Herzblut macht, wird Arbeit nicht unbedingt als Belastung gesehen. Für mich waren meine Berufe immer Erfüllung, Bereicherung und eigenes Wachsen. Deshalb konnte ich mich jedem Einzelnen auch immer zu hundert Prozent widmen.

Und wie haben Sie das alles neben Ihrer Familie gewuppt bekommen?

Indem ich großartige Unterstützung hatte. Ich habe das Glück, einen Mann zu haben, der mich in all meinen beruflichen Entscheidungen immer unterstützt und motiviert hat. Dafür hat er mir auch den Rücken freigehalten, wenn ich als Politikerin nicht zu Hause war. So konnte ich sicher sein, dass es meinen Jungs gut geht, und mich auf meine Jobs konzentrieren. Und natürlich hatte ich auch meine Mama an meiner Seite, die uns bei der Betreuung der Kinder auch geholfen hat.

Des Weiteren sind Sie bereits seit einiger Zeit Investorin und Jurorin bei „Die Höhle der Löwen“. Was geben Sie außerdem menschlich in Ihre Projekte rein? Was ist Ihnen da besonders wichtig?

Als Familienunternehmen haben wir die Einstellung, dass wir unseren Gründerinnen und Gründern nicht nur finanziell, sondern auch beratend und nie bevormundend zur Seite stehen. Wir sind rund um die Uhr erreichbar und stehen auch bei Rückschlägen an der Seite der Startups, solange wir erkennen können, dass die Gründer all ihre Kraft und Leidenschaft in den Aufbau ihres Unternehmens legen.

Was zählt für Sie neben den Zahlen und Fakten außerdem und was bedeutet für Sie, „nachhaltig zu investieren“?

Ein langfristiger Markenaufbau ist uns wichtiger als ein schneller Exit. Dafür muss es auch menschlich passen, denn man geht einen langen Weg gemeinsam und der kann steinig sein. Ich muss Vertrauen in die Gründerinnen und Gründer haben und von ihrem Wunsch, erfolgreich zu werden, überzeugt sein. Dann sitze ich auch gerne als Partner im Boot.

Bild: © Dagmar Wöhrl, Fotograf: Tobias Koch

Ihnen liegt Ihr soziales Engagement ebenfalls sehr am Herzen, wie Sie sagen. Besonders stark machen Sie sich für Kinder auf der Schattenseite des Lebens und für den Tierschutz, sind sogar Präsidentin des Tierschutzvereins Nürnberg. Warum ist Ihnen das so wichtig und was können und sollten wir vielleicht alle tun, um für eine bessere Zukunft einzustehen?

Man sagt, den wahren Charakter eines Menschen erkennt man an seinem Umgang mit Tieren. Wenn das so ist, sieht es leider nicht so gut aus, denn oft genug müssen wir Tiere aufnehmen, die nicht ordnungsgemäß gehalten wurden, die ewig nicht beim Tierarzt waren oder unterernährt sind. Natürlich spielen da oft finanzielle Engpässe der Tierhalter eine große Rolle, aber die Vorstellung, dass Tiere dann als lästiges Übel zurückgelassen werden, tut mir einfach weh. Daher engagiere ich mich für den Tierschutz und dafür, dass Tiere nicht einfach als Sache wahrgenommen werden, auch wenn sie es rechtlich sind. Und ohne Kinder gibt es für uns Menschen auch keine Zukunft. Es gibt Millionen von Kindern auf der Welt, die eher düstere Zukunftsaussichten haben. Denen es an einfachen Grundbedürfnissen fehlt: Nahrung und Bildung. Ich sehe mich da in der Verantwortung und werde nicht aufhören, meine Stimme für die Rechte der Kinder zu erheben.

Was inspiriert Sie und ist für Sie gelebte Kreativität?

Da gibt es viele Dinge, die mich inspirieren können. Vor allem, wenn ich mich in Sri Lanka befinde, fühle ich mich durch Kleinigkeiten inspiriert: der Sonnenaufgang über den Palmen, die Surfer auf den hohen Wellen, das traditionelle Abendessen, welches vielfältig und bunt ist. Wir alle stecken als Kinder voller Kreativität, verlieren diese aber oft im Strudel des Alltags. Deshalb genieße ich es, wenn ich von möglichst vielen Kindern umgeben bin und einfach in die kindliche Welt eintauchen kann. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum ich mich mit Leidenschaft für Kinder einsetze.

„Mach etwas Sinnstiftendes in Deinem Leben oder lass es bleiben.“

Bitte erzählen Sie uns ein bisschen über die Emanuel-Wöhrl-Stiftung. Wo und in welchen Bereichen sind Sie hier tätig?

Wir haben die Stiftung zu Ehren unseres verstorbenen Sohnes und Bruders ins Leben gerufen. Uns Hinterbliebenen war es ein Herzenswunsch, Emanuels zu frühen Tod in etwas Sinnstiftendes umzuwandeln. Mit unserer Stiftung unterstützen wir Kinder auf der ganzen Welt. Ob in Nürnberg, Kenia oder Asien – überall gibt es Bedarf an Support. Wir haben z. B. in Kenia ein Emanuel-Center gegründet. Dort haben wir anfangs AIDS-Waisen ein neues Zuhause gegeben, ihnen Schulbildung und auch eine Ausbildung ermöglicht. Mittlerweile sind die ersten Kinder junge Erwachsene, die jetzt als Krankenschwester, Kiosk-Besitzer oder Tischler arbeiten. Das zu erleben, macht uns unheimlich glücklich. In Asien sind wir viel in Sri Lanka aktiv. Besonders nach dem Tsunami lag das Land in Trümmern. Es sind dort über 30.000 Opfer zu beklagen gewesen. Mehr als 70 Prozent der Ost- und Südküste waren zerstört, viele Dörfer lagen in Trümmern. Damals war ich mit einer der ersten Maschinen im Land gelandet und habe Zelte, medizinische Geräte und Notversorgungspakete verteilt. Das war der Beginn eines bis heute andauernden Engagements. Mittlerweile unterstützen wir Schulen, Kindergärten, aber auch ärmere Familien.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Ich führe das Lebensmotto meiner Oma fort: „Mach etwas Sinnstiftendes in Deinem Leben oder lass es bleiben.“ Das zählt noch heute für mich und lässt mich voller Tatendrang meine Projekte angehen.

„Unserer Welt wünsche ich, dass die Menschen auf ihr wieder mehr zusammenstehen.“

Was wünschen Sie sich für die Zukunft, für sich und Ihre Familie, aber auch für die Welt?

Meiner Familie und mir wünsche ich natürlich Gesundheit. Ohne die zählt alles andere nichts. Und unserer Welt wünsche ich, dass die Menschen auf ihr wieder mehr zusammenstehen. Kein Kontinent, kein Land, kein Mensch kann alleine überleben.

Mehr unter: www.dagmar-woehrl.consulting & www.emanuel-woehrl-stiftung.de


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