Als mich vor einigen Jahren, noch im Studium aber schon selbstständig und mit dem ersten Kind schwanger, eine gute Freundin fragte, wie ich es schaffen werde, meinen Job und das Familienleben unter einen Hut zu bekommen, habe ich nur gelächelt und geantwortet: „Es wird eine Mischung aus Organisation, Flexibilität und dem Wissen sein, dass Perfektion nicht existiert.” Heute, mit etwas mehr Erfahrung, kann ich sagen: Es ist noch viel mehr als das. Es ist eine ständige Entwicklung, ein Lernprozess und vor allem eine Entscheidung, jeden Tag aufs Neue das Beste aus den Gegebenheiten zu machen.
In diesem Beitrag möchte ich ein paar Tipps für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf teilen, die sich für uns als Familie bewähren, auch wenn es hin und wieder in der Praxis wirklich eine Mammutaufgabe ist und mal besser, mal weniger klappt. Es sollen lediglich Impulse, Inspirationen und eine Einladung zum Austausch sein.
Mein persönlicher Weg zur Vereinbarkeit: Herausforderungen und Aha-Momente
Der Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist selten geradlinig. Für mich begann er mit der Geburt meines ersten Kindes. Plötzlich stand ich vor der Herausforderung, meinen Job nicht nur fortzusetzen, sondern ihn auch mit der bedingungslosen Liebe und den Bedürfnissen eines kleinen Menschen zu verbinden. Die ersten Monate waren ein Wirbelwind aus Schlafmangel, Stillmarathons und dem Versuch, im Homeoffice noch E‑Mails zu beantworten, während das Baby im Tragetuch schlief. Dann kamen einige Jahre später die Zwillinge und ständig war jemand krank und hat somit Terminabsprachen zerschossen.
Ein großer Aha-Moment war für mich hier die Erkenntnis, dass ich nicht alles alleine schaffen muss. Delegieren, Hilfe annehmen und Prioritäten setzen wurden zu meinen wichtigsten Werkzeugen — auch wenn es mir noch immer schwer fällt. Ich lernte, dass es in Ordnung ist, nicht immer die perfekte Mutter zu sein, zuverlässig im Job und eine gute Partnerin, Tochter, Freundin, Schwester Tante etc. Vielmehr geht es darum, eine Balance zu finden, die sich für mich und meine Familie richtig anfühlt.
Strategien, die mir geholfen haben: Praktische Tipps für den Alltag
Die gute Nachricht ist: Es gibt zahlreiche Strategien und Ansätze, um die Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf zu meistern. Hier sind einige, die sich in meinem Alltag bewährt haben und die ich jedem ans Herz legen kann, der ähnliche Herausforderungen jeden Tag bewältigt:
1. Klare Kommunikation und Absprachen in der Partnerschaft
Einer der Grundpfeiler ist die offene und ehrliche Kommunikation mit dem Partner. Wer übernimmt wann welche Aufgaben? Wie teilen wir uns die Kinderbetreuung auf? Regelmäßige Abstimmungen über Termine, Verpflichtungen und Freiräume sind essenziell. Ein wöchentliches “Familien-Meeting” zu etablieren, bei dem man die kommende Woche bespricht und aufkommende Herausforderungen frühzeitig erkennen kann, kann helfen.
2. Flexible Arbeitsmodelle nutzen
Die Digitalisierung hat uns neue Möglichkeiten eröffnet. Homeoffice, Teilzeitmodelle oder Vertrauensarbeitszeit können die Vereinbarkeit erheblich erleichtern. Ich habe gelernt, diese Flexibilität zu schätzen und aktiv zu nutzen. So kann ich beispielsweise früher Feierabend machen, um die Kinder abzuholen, und abends, wenn die Kinder schlafen, noch einmal für eine Stunde an den Laptop gehen, um dringende Aufgaben zu erledigen. Man sollte im Team und mit dem Arbeitgeber über die Möglichkeiten sprechen. Viele Firmen sind heute bestrebt, familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen.
3. Effizientes Zeitmanagement und Priorisierung
Der Tag hat nur 24 Stunden und mit Kindern scheint die Zeit noch schneller zu verfliegen. Daher ist effizientes Zeitmanagement unerlässlich. Ich arbeite viel mit To-Do-Listen, die ich nach Priorität ordne. Die Eisenhower-Matrix (wichtig/dringend) hat mir hier oft geholfen. Es geht nicht darum, alles zu erledigen, sondern die richtigen Dinge zu erledigen. Auch das Blocken von Zeiten für konzentriertes Arbeiten (“Deep Work”) hat meine Produktivität enorm gesteigert.
4. Netzwerk aufbauen und Hilfe annehmen
Niemand ist eine Insel. Ein starkes Unterstützungsnetzwerk ist Gold wert. Das können Großeltern, Freunde, Nachbarn oder andere Eltern aus der Kita sein. Scheue dich nicht, um Hilfe zu bitten, sei es beim Abholen der Kinder, beim Kochen oder einfach nur für ein offenes Ohr. Auch der Austausch mit anderen Eltern, die ähnliche Situationen meistern, kann sehr entlastend sein und neue Perspektiven eröffnen.
5. Selbstfürsorge nicht vergessen: Me-Time einplanen
Dieser Punkt wird oft vernachlässigt, ist aber entscheidend für das langfristige Wohlbefinden. Wenn die Akkus leer sind, hilft auch die beste Organisation nichts. Plane bewusst Me-Time ein, sei es ein Spaziergang, ein gutes Buch, Sport oder ein Kaffee mit einer Freundin. Diese kleinen Auszeiten sind keine verlorene Zeit, sondern eine Investition in die mentale und körperliche Gesundheit. Nur wenn es dir gut geht, kannst du für deine Familie und deinen Job da sein.
6. Realistische Erwartungen und Gelassenheit
Perfektion ist ein Mythos. Es wird Tage geben, an denen alles drunter und drüber geht. Das ist normal und gehört dazu. Lerne, gelassen zu bleiben und nicht zu hohe Erwartungen an dich selbst zu stellen. Es ist okay, wenn das Abendessen mal nur aus Nudeln mit Pesto besteht oder der Haushalt nicht immer blitzblank ist. Konzentriere dich auf das Wesentliche und nimm den Druck raus. Auch das ist ein Prozess und wird nicht von jetzt auf gleich geschehen.
Die Vorteile der Vereinbarkeit: Mehr als nur ein Kompromiss
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine enorme Bereicherung. Kinder lehren uns Geduld, Empathie und eine neue Perspektive auf das Leben. Sie fordern uns heraus, flexibler und kreativer zu werden. Die Erfahrungen, die wir im Familienleben sammeln, können sich positiv auf unsere berufliche Entwicklung auswirken – sei es in Bezug auf Multitasking-Fähigkeiten, Konfliktlösung oder Zeitmanagement. Gleichzeitig bietet der Beruf eine wichtige Abwechslung, intellektuelle Anregung und die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Die Kombination aus beiden Welten kann zu einem erfüllten und ausgewogenen Leben führen.
Zukunftsaussichten: Wie Unternehmen familienfreundlicher werden können
Das Bewusstsein für die Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf wächst stetig, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Wirtschaft. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass familienfreundliche Arbeitsbedingungen nicht nur ein “nice-to-have” sind, sondern ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um qualifizierte Fachkräfte. Es bleibt zu hoffen, dass flexible Arbeitsmodelle, transparente Kommunikation und eine Kultur des Vertrauens zum Standard werden. Denn am Ende profitieren alle davon: glückliche Mitarbeiter, die ihr volles Potenzial entfalten können, und Unternehmen, die auf motivierte und loyale Teams zählen können.
Fazit: Es ist eine Reise, kein Ziel
Die Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf ist keine feste Formel, sondern eine individuelle Reise. Es gibt keine “richtige” oder “falsche” Lösung, sondern nur die, die für dich und eure Familie funktioniert. Bleib flexibel, lerne aus Erfahrungen und sei nachsichtig mit dir selbst. Es ist ein Marathon, kein Sprint – und jeder Tag ist eine neue Chance, die Jonglierkunst des Lebens ein kleines bisschen besser zu beherrschen.
Welche Erfahrungen habt ihr mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gemacht? Ich freue mich auf den Austausch dazu mit euch unter christin@pureandpositive.com.

Christin Prizelius ist Co-Founder und Editor at Large von und bei Pure & Positive. Sie schreibt außerdem regelmäßig Impulsbeiträge über unterschiedliche Themen, die im Magazin und auf dem Portal erscheinen, und führt Interviews u.a. für den „Kraftvoll & Erfüllt leben”-Podcast. Die Vision von ihr und dem Team ist es, ein Format für und mit Menschen zu schaffen, die die Welt zu einem besseren Ort machen und positive Nachrichten, Impulse und Inspirationen in den Fokus stellen möchten.
Bild: © Patricia Schumann