Yvonne de Bark ist Schauspielerin, internationale Top-Speakerin, Autorin und einer der meistgefragten Körpersprachenexpertinnen der nonverbalen Kommunikation Deutschlands. Mit uns teilt sie unter anderem, wie wir die Körpersprache für uns nutzen können – privat und beruflich.
Du bist internationale Top- und Keynote-Speakerin, erfolgreiche Autorin von mittlerweile elf Büchern und leidenschaftliche Trainerin für deinen professionellen analogen und digitalen Auftritt. Was vermittelst du den Menschen, mit denen du arbeitest? Was ist unerlässlich, um erfolgreich zu wirken und souverän zu überzeugen – vor allem wo in der heutigen Zeit so viel digital abläuft?
Der wichtigste Hebel beim souveränen Auftreten ist, seine eigene Wirkung in bestimmten Situationen zu kennen. Es gibt bestimmte nonverbale Signale, die wir vielleicht unbewusst senden und die dann beim Empfänger anders ankommen, als wir das wollten. Ich helfe meinen Zuschauern oder Seminarteilnehmern, diese unbewussten Signale zu identifizieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Das größte Learning für die meisten ist, dass man ihnen die Anspannung beim Vortrag gar nicht so sehr ansieht, wie sie sich innerlich fühlen. Ich sage immer: „Dein laut pochendes Herz hörst nur du.“ Das zu erkennen, ist für viele ein
wundervoller Aha-Moment.
Wir reagieren u. a. auf Stimme, Körperhaltung, Körpergeruch, Gestik und Mimik und entscheiden anhand dieser Signale, ob wir jemanden als kompetent, schüchtern, aggressiv, gefährlich oder liebevoll wahrnehmen. Wonach entscheidet sich, wir wie jemanden einschätzen, und welche Rolle spielt die Evolution?
Im ersten Moment des Kennenlernens entscheidet unser Unterbewusstsein über drei Dinge: Finde ich die Person sympathisch (gibt sie mir was oder nimmt sie mir was), kann ich der Person vertrauen und kann ich mit dieser Person Kinder zeugen und großziehen? Das war wichtig, denn eine falsche Einschätzung konnte uns in der Steinzeit schnell das Leben kosten oder uns konnte ein interessanter Reproduktionspartner durch die Lappen gehen. Dieses Grundprogramm ist immer noch in uns verankert, aber was heute noch wichtiger ist, ist die Gruppenzugehörigkeit. Soziale Anerkennung ist ein psychologisches Grundbedürfnis, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Das ist immer noch sehr tief in uns drin. Die meisten Streitigkeiten oder Differenzen haben damit zu tun, dass sich jemand vermeintlich aus der Gruppe ausgestoßen fühlt und so die Sicherheit der Gruppe verlassen muss oder sein Gesicht verliert und somit den Respekt der Gruppe. Sollte in dir ein Zweifel an deiner Selbstsicherheit hochkommen, mache dir bewusst, was du kannst und welche Erfolge du bereits erzielt hast.
Bild: © Greator Festival, Patrick Reymann
Wie können wir erkennen, welche Persönlichkeitsstruktur der andere hat. Und wie können wir das für uns nutzen?
Interessanterweise haben sehr akkurate, detailverliebte und zahlen‑, daten‑, faktenorientierte Menschen häufig auch eine etwas steifere, wenig raumgreifende Körpersprache mit eher zackigen Bewegungen. Sie können und wollen nicht intensiv Blickkontakt halten. Stark extrovertierte kommunikationsaffine Persönlichkeitsstrukturen bewegen sich eher raumgreifend, sind lauter als andere und nehmen sich die Bühne. Wir erkennen „Silberrücken“ daran, wie sie den Raum betreten. Sie machen ruhige, kontrollierte Bewegungen, halten Blickkontakt. Es gibt nach dem Deep-Ocean-Modell (das weiterentwickelte Big-Five-Modell) zehn Persönlichkeitsausprägungen. Jemand, der zum Beispiel tendenziell ängstlich ist, wird keinen Blickkontakt halten können und in der Körpersprache kleine Bewegungen machen, die Arme eng am Körper. Jemand, der in Empathie hoch ausgeprägt ist, wird andere eher fragen, wie es ihnen geht und wie er helfen kann. Das Problem an der Sache ist, dass wir immer denken, dass wir die einzige Wahrheit haben, und wenn wir zum Beispiel eine hohe Ausprägung in Fleiß haben, verstehen wir es nicht, wie andere eine Aufgabe nicht zu Ende machen können. Die Welt wäre so viel einfacher, wenn wir andere akzeptieren, wie sie sind. Sie sind ja nicht falsch, nur weil sie eine andere Persönlichkeitsstruktur haben.
„Die meisten mögen zum Beispiel ihre Stimme oder ihre Figur nicht. Wir selbst sind unser allergrößter Kritiker.”
Du sagst: „Sei, wie du bist, und wirke, wie DU willst.“ Wie schaffen wir das? Was sind die ersten Schritte dafür?
Ich bin ein großer Verfechter der situationsadaptiven Authentizität. Ich habe hier drei Tipps, die ich immer wieder selber nutze, um mich selbst nicht zu verlieren und gleichzeitig souverän zu wirken. Erstens, ich mache mir klar, was ich kann, und sofort macht sich das in meiner Körpersprache bemerkbar. Zweitens, William Shakespeare wird diese Weisheit zugesprochen: An sich ist nichts gut oder böse, das Denken macht es erst dazu. Nur du gibst dem, was ist, eine Bedeutung. Ich habe mich entschieden, allem erst mal eine gute Bedeutung zu geben. Das wirkt sich ebenfalls auf meine Ausstrahlung und Körpersprache aus. Drittens: Jeder sollte sich regelmäßig mit Video aufnehmen, das verringert den Graben zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Hier ist es wichtig, sich über seine Wirkung noch von anderen ehrliches Feedback einzuholen. Die meisten mögen zum Beispiel ihre Stimme oder ihre Figur nicht. Wir selbst sind unser allergrößter Kritiker. Andere nehmen meistens gar nicht wahr, ob da eine Strähne ins Gesicht hängt oder ein Pickel unser Antlitz ziert. Und wenn schon. Es wird keiner sagen: „Ah, der hat einen Pickel, der ist aber ungepflegt. Deswegen mag ich den nicht.“ Wir nehmen uns selbst wichtiger, als wir es für andere sind. Das ist gut. Denn wenn wir merken, dass die anderen eher an sich denken, als sich den Kopf über uns zu zerbrechen, lebt es sich viel entspannter.
Was waren bisher deine größten (beruflichen) Herausforderungen bzw. auch die größten Lektionen in deinem Leben?
Beruflich: Eine meiner größten und völlig unterschätzten beruflichen Herausforderungen war, als ich von der Schauspielerei im Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit als Speaker und Trainer gegangen bin.
Emotional: Endlich war ich am Set. Nichts sehnlicher hatte ich mir gewünscht, als endlich als Schauspielerin zu arbeiten. Und plötzlich war ich am Wörthersee und hatte eine Hauptrolle. Als ich fröhlich summend am Morgen des vierten Drehtags an der Rezeption meines Hotels vorbeiwollte, hielt mir der Rezeptionist den Telefonhörer entgegen. „Ihr Bruder, Frau de Bark.“ Wie durch einen Nebelschleier hörte ich die Worte meines Bruders: „Dein Freund ist letzte Nacht gestorben.“ Ich stieg wie erstarrt in das Auto, das mich zum Set fuhr. Der Regisseur fragte mich, ob ich drehen wolle oder lieber nicht. Er und alle im Team würden das verstehen. Und ich musste und wollte trotz allem drehen, weil einer meiner größten Werte Verlässlichkeit ist und ich das 30-köpfige Team nicht im Stich lassen wollte. Ich habe zwischen den Szenen im Maskenraum geweint, die Maskenbildnerin musste mich neu schminken, aber ich habe gelernt, dass man seine Emotionen in dem Moment, wenn es drauf ankommt, vorsichtig in einen Kokon packen kann und dass man den Kokon wieder öffnen kann, wenn man in einem geschützten Rahmen ist, und sich dann darum kümmern kann.
Bild: © Yvonne de Bark
„Wo sich eine Tür schließt, geht eine andere wieder auf.”
Welche Erfolgstipps hast du und wie geht man mit Misserfolgen um?
Ich leide sehr unter Misserfolgen. Als ich damals bei “Unter Uns” erfuhr, dass meine Rolle rausgeschrieben wurde, habe ich mich vor dem Studio auf den Bordstein gesetzt, die Knie angezogen, mit meinen Armen umschlungen, den Kopf dazwischen vergraben. Ich habe mich ausgestoßen gefühlt. Eine Hand legte sich sanft auf meine Schulter. Es war meine Lieblingsregieassistentin. Sie sagte, wo sich eine Tür schließt, geht eine andere wieder auf. Dann setzte sie sich neben mich, umarmte mich, hielt mich. Das war zwar lieb, aber ich fand den Spruch mit der Tür völlig daneben. Erst fünf Jahre später wurde mir klar, was dieser Spruch bedeutet. Er bedeutet nicht: Setz dich hin, versinke in deinem Selbstmitleid und warte, bis sich irgendwo eine Tür öffnet. Es bedeutet: Bring dein Hintern hoch, such dir eine Tür, die zu dir passt, und warte nicht, bis du eingelassen wirst. Mach sie selber auf. Es kann sein, dass jemand von der anderen Seite dagegenhält und dich nicht reinlassen will. Ignorier das, denn wenn es deine Tür ist, wirst du die Kraft haben, sie zu öffnen.
Du bist außerdem u. a. als Schauspielerin erfolgreich. Wie schaffst du das alles? Wie hältst du bei dir die Energie hoch – und was machst du an Tagen, wo es vielleicht auch mal nicht so rund läuft?
In der Drehzeit ist man von morgens bis abends unter Starkstrom. Und plötzlich nach Beendigung fühlt es sich an, als hätte jemand den Stecker gezogen. Jetzt als selbstständige Unternehmerin bin ich 3,8 Tage, die Woche in Seminaren im DACH-Raum, den Rest in Vorträgen oder Einzelcoachings. Ich kann selbst entscheiden, wie viel Strom ich fließen lasse oder nicht. Wenn es mir einmal nicht so gut geht, ich einen schlechten Tag habe, zieh ich mir schon mal die Decke über den Kopf und hasse die Welt. Das passiert so ein bis zwei Mal im Jahr.
‚Ich nutze die Magie der Liebe. Ich verliebe mich in jeden Teilnehmer.”
Du sagst für deine Seminare, Vorträge und Coachings: „Körpersprache kommt von innen und strahlt mit ihrer ganzen Kraft nach außen. Und das machen wir zusammen. Lassen Sie uns strahlen, wirken, Spaß haben.“ Wie holst du deine Kundinnen und Kunden ab?
Ich nutze die Magie der Liebe. Ich verliebe mich in jeden Teilnehmer. Ich setze die rosarote Brille auf und finde jeden, dem ich begegne, erst mal unglaublich toll. Ich bekomme oft das Feedback: „Es hat sich sofort vertraut angefühlt.“ Ich glaube, das ist, weil ich jedem Menschen ein Konto einrichte mit einer großen Habenseite mit: „Du bist toll, genau so, wie du bist.“
Was ist dein Tipp, um gut durch diese turbulenten und unruhigen Zeiten zu kommen?
Wenn‘s uns gut geht, profitiert unser Umfeld. Im Flugzeug heißt es ja schon sinngemäß: „Ziehen Sie sich die Sauerstoffmaske über Mund und Nase und kümmern sich dann um Ihre Mitfliegenden.“ Wie kann ich erreichen, dass es mir gut geht? Oft ziehen uns vermeintlich angriffige Verbalattacken oder Kommentare von anderen runter. Ich habe einen ganz einfachen Trick, wie ich sofort ruhig werde und erst mal eine Distanz zu der Situation schaffe. Ich denke immer, wenn mich jemand nervt: „ein Mensch, der nervt“, „ein Mensch, der laut ist“, „ein Mensch, der schlechte Laune hat“. Das hilft mir, den Abstand zu bekommen, damit ich es nicht persönlich nehme. Und dann entscheide ich mich jeden Tag, mich nicht zu ärgern. Das ist wundervoll. Ich bewerte nicht. Nichts ist von Grund auf gut oder schlecht. Erst wir geben den Dingen eine Bedeutung. Warum dann nicht gleich die Bedeutung ‚gut‘?