Die meisten kennen Tine Wittler wohl als Wohnexpertin aus bekannten TV-Formaten. Dabei macht sie so viel mehr. Uns hat sie einen sehr persönlichen und sympathischen Einblick in ihre weiteren Tätigkeitsfelder gegeben. Sie sagt: „Kunst & Kultur sind für mich die Grundlagen einer Gesellschaft.“
Liebe Tine, du bist Autorin, (Bühnen-)Künstlerin, Schauspielerin, Trainerin, Coach sowie Gastgeberin und Kulturveranstalterin. Außerdem warst du schon als TV-Moderatorin und ‑Redakteurin, Journalistin, Songschreiberin und Filmproduzentin tätig. Und dann teilst du deine große Liebe zu positiven Gefühlen und Zuversicht auch als Rednerin für freie Trauungen. Das klingt nach vielen Terminen. Was nimmt dich dabei am meisten ein und was machst du auch besonders gerne?
Ich mache grundsätzlich nur Dinge, hinter denen ich zu hundert Prozent stehe. Deshalb gehören all diese Sachen zu meinen Lieblingstätigkeiten. Ich liebe die Vielfalt und mich ständig an unterschiedliche Dinge heranzuwagen. Das ist mein Lebenselixier. Ganz grundsätzlich hat aber alles, was ich tue, irgendwie mit Sprache zu tun. Das gilt sowohl für meine darstellende als auch für meine bildende Kunst und im Grunde auch für alles andere. Na ja, bis auf die Gartenarbeit vielleicht.
Du hast 25 Jahre in Hamburg gelebt, „der schönsten Stadt der Welt“, wie du selbst sagst, bist aber doch eher ein Dorfmädchen und lebst jetzt auf dem Land, weil du Sehnsucht nach Natur, Ruhe, Frieden hattest. Wie sieht dein Alltag dort jetzt aus?
Einen Alltag in dem Sinne habe ich nicht – siehe oben, jeder Tag ist anders und aufregend. Umso wichtiger ist es für mich, einen Fixpunkt zu haben, an dem ich wirklich zur Ruhe kommen kann. Mein fast 200 Jahre altes Fachwerkhaus in einem Dörfchen mit 48 Einwohnern ist für mich mein Paradies. Ich liebe es so sehr, dass mich schon nach wenigen Stunden Abwesenheit das Heimweh plagt!
„Demut und Dankbarkeit für das, was das Leben und die Natur bereithalten.“
Seit über zwei Dekaden inspirierst und faszinierst du Fans und Publikum mit deinem für dich typischen Facettenreichtum und Optimismus. Welche Stärken haben dich durch die turbulenten letzten Jahre gebracht?
Demut und Dankbarkeit für das, was das Leben und die Natur bereithalten. Das Bewusstsein, dass es ein großes Privileg ist, Tätigkeiten auszuüben, die ich wirklich liebe. Und immer wieder Häutungen, Weiterentwicklungen, Neues angehen. Sich anpassen zu können, ohne den eigenen inneren Kern zu verlieren, zu verstecken oder zu verleugnen.
Dein Motto ist: „Immer schön kreativ bleiben!“ Du hast bereits das Zuhause vieler Menschen verschönert und ein großes TV-Publikum begeistert. Wie machst du das und was ist dir dabei besonders in Erinnerung geblieben?
Die Zeit bei „Einsatz in 4 Wänden“ war schön und aufregend, aber das ist nun über zehn Jahre her und spielt in meinem Leben nur noch eine untergeordnete Rolle. Ab und zu bin ich noch als Vortragsrednerin zu den Themen Wohnen und Einrichten aktiv, aber unterm Strich konzentriere ich mich auf meine künstlerischen Tätigkeiten.
Bild: © Kulturring Oststeinbek e.V.
„Durch die Erfahrungen der letzten Jahre habe ich erkannt, dass ich nur dann an Krisen nachhaltig wachse, wenn ich mir die richtigen Fragen stelle.“
Dann hast du auch noch den Podcast „WITTLERINS WEGWEISER – der fragwürdige Podcast“. Ein Wegweiser wofür und warum „frag-würdig“?
Durch die Erfahrungen der letzten Jahre habe ich erkannt, dass ich nur dann an Krisen nachhaltig wachse, wenn ich mir die richtigen Fragen stelle. Bei jeder Herausforderung in meinem Leben kamen neue Fragen hinzu. Irgendwann habe ich begonnen, diese aufzuschreiben, und ich nutze diese Fragen bis heute, um in besonderen Situationen zu einer Entscheidung zu kommen. Diese Fragen gebe ich in meinen „Wegweiser-Gesprächen“ weiter an Menschen, die ebenfalls nach Orientierung oder Inspiration für ihren weiteren Weg suchen. In den Podcast-Folgen teile und diskutiere ich vier dieser Fragen mit Wegbegleitern wie Jan Plewka, Ralph Morgenstern oder Olivia Jones. Mittlerweile umfasst mein Fragenkatalog weit über 50 Fragen. Die Kunst ist es meiner Meinung nach, für sich in seiner persönlichen Situation die richtigen Fragen herauszufiltern. Denn wenn die Fragen stimmen, kommen die Antworten oft von allein. Dabei gebe ich mit meinen „Wegweiser-Gesprächen“ Hilfestellung. Die Wegweiser-Gespräche kombiniere ich heute mit dem intuitiven Legen von Tarot-Karten, die sowohl mir als auch meinem Gegenüber zur Inspiration dienen.
Was hat es mit deinem „Wohnfühl-Prinzip“ auf sich?
Das Buch „Das Wohnfühl-Prinzip“ (MAIN-Verlag/Antheum) ist quasi mein Abschiedsgeschenk an alle Fans aus der Einrichtungszeit. Ich teile darin all die Grundsätze und Prinzipien, die ich im Laufe der Jahre entwickelt habe, und mache meine Leserinnen und Leser damit zu ihren eigenen Wohnexperten – sodass sie mich gar nicht mehr brauchen. Das Prinzip fußt darauf, das eigene Zuhause als organische Umgebung wahrzunehmen, bei der alle Gestaltung von mir selbst und meinen Bedürfnissen ausgeht. Wenn ich diese genau kenne, vermeide ich Fehlentscheidungen und kann mit der Qual der Wahl besser umgehen.
Du bist außerdem noch Kulturbotschafterin für den gemeinnützigen Verein Kulturbar Wendland e.V. – Kunst & Kultur im ländlichen Raum für alle. Euer Programm „BRIEFE VOM DACHBODEN – Eine Reise zur Liebe in alten Zeiten“ ist für dieses Jahr bereits ausverkauft. Bitte nimm uns hier mal ein bisschen mit. Wie kam es dazu und worum geht es da?
Die „BRIEFE VOM DACHBODEN“ erzählen die Liebesgeschichte von Anna und Heinrich. Grundlage hierfür ist ein altes Holzkästchen mit Liebesbriefen, die Anna im Jahr 1919 an Heinrich schrieb. Das Kästchen wurde in den 70er-Jahren auf dem Dachboden meines alten Hauses gefunden, und gemeinsam mit KULTURBAR WENDLAND e.V. haben wir daraus ein ganz zauberhaftes Bühnenprogramm gemacht, das wir einmal im Jahr in mehreren Shows hier in meinem Garten präsentieren. Anna und Heinrich mussten viele Herausforderungen überstehen, bis sie wirklich zueinander fanden – und schließlich noch viele, viele Jahre glücklich in diesem Haus miteinander verbringen konnten. Es ist sehr besonders, diese Geschichte zu hören und gleichzeitig genau an dem Ort zu sein, an dem das alles stattfand. Das Publikum liebt es, und ich liebe es auch. Deshalb sind für 2025 schon alle Tickets weg. 2026 spielen wir das Programm dann aufgrund des großen Erfolges schon im vierten Jahr! Wer dabei sein möchte, Termine und Karten gibt es unter kulturbarwendland.reservix.de.
Was empfindest du in der aktuellen Zeit als besonders herausfordernd und was tust du, um gut durch diese Zeit zu kommen?
Ich glaube, es ist im Moment wirklich wichtig, das Schöne und das Gute zu sehen und sich jeden Tag daran zu erinnern, wie gut es uns geht. Ich lebe recht sparsam und lege wenig Wert auf Materielles. Das ermöglicht mir eine Art von Freiheit in meiner Lebensgestaltung und meiner Arbeit, die mir jeden Tag mein großes Glück vor Augen führt. Dafür offen zu sein und das auch in schweren Zeiten nie zu vergessen, können wir üben. Durch diese Schule bin ich gegangen. Mein Herz geht auf, wenn ich zu Hause durch den Garten tobe oder selbst gezogenes Gemüse koche. Dieses Gefühl und zugegeben ab und zu auch eine ordentliche Party machen mich glücklich.
Was ist dir noch wichtig?
Ich freue mich immer, wenn die Menschen auch abseits der „alten“ Tätigkeit als Wohnexpertin das anerkennen und wertschätzen, was ich heute tue. Kunst und Kultur sind für mich die Grundlagen einer Gesellschaft, die über Unterschiede hinaus in den Dialog treten kann. Ich setze mich mit aller Kraft und von ganzem Herzen dafür ein, diesen Dialog zu fördern.