Gemeinsam für eine bessere Welt

Wie die Seele wieder lachen lernt.

Christin Prizelius | 23.08.24 | Gastbeitrag von Lisa Morsch, Psychologische Psychotherapeutin | © Engin Akyurt

Lisa Morsch ist verheiratet, hat zwei Kinder und kommt aus Berlin. Sie ist Psychologische Psychotherapeutin in eigener Praxis in Oranienburg. Neben der Praxistätigkeit beschäftigt sie sich mit den Themen Work-Life-Balance, Positives Denken und wie Körper und Psyche zusammen achtsam wirken können. Ihr Lebensmotto ist: „Wer träumt ist lebendig!” (auch wenn leider nicht alle Träume in Erfüllung gehen). In ihrem heutigen Gastbeitrag gibt sie uns einen Einblick in ihren Praxisalltag und außerdem wertvolle Tipps dazu, wie die Seele wieder lachen lernt, wenn sie weint.

Viele meiner Patientinnen und Patienten kommen erst nach vielen Jahren körperlicher und psychischer Beschwerden in meine Praxis und können dann einfach nicht mehr. Es ist ihnen alles zu viel und sie sind einfach nur noch erschöpft und verzweifelt. Was sie fühlen ist dann oft meine erste Frage. Irgendwie nur Negatives oder gar nichts und wo sitzen die Gefühle im Körper? Nicht zu orten, ist oft die Antwort. Wie lange sie denn mit diesen Beschwerden schon zu tun haben, ist meine nächste Frage. Viele können diese Frage nicht beantworten, weil es schon so lange geht. Auf der Arbeit sei immer so viel los und die Kollegen blieben schließlich auch immer länger. Es sei einfach normal so und sonst müsse man die Arbeit mit nach Hause nehmen. Zu Hause wartet manchmal die Familie und dann seien da noch die Kinder und der Partner und es müsse ja einfach weitergehen. Das werde auch so erwartet. Wir überlegen gemeinsam, wann das alles angefangen hat. Ja, was hat denn eigentlich angefangen? Oft beginnt es mit dem Schlafen, aber das sei ja auch schließlich normal in stressigen Phasen, oder? Und das Grübeln auch, das haben doch alle, oder? Hin und her hetzen, kennen auch alle, oder? Einfach weitermachen und funktionieren. Es dauert einfach alles schon sehr lange und ist zu einem Dauerzustand geworden, der einfach hingenommen und übergangen wird. 

“Unsere Seele schickt uns psychisch und körperlich viele Zeichen, wenn es zu viel ist und es uns nicht gut geht.”

Was tun Sie denn für sich, ist schließlich meine Frage. Pause. Oft kommt hier keine konkrete Antwort, denn der regelmäßige Sport, das Treffen mit Freunden, sich um sich selbst kümmern und sich etwas Gutes tun, Grenzen für sich ziehen und auch mal nein sagen, ist in all der Zeit verloren gegangen oder wurde so nicht gelernt. Unsere Seele schickt uns psychisch und körperlich viele Zeichen, wenn es zu viel ist und es uns nicht gut geht. Hören wir über einen langen Zeitraum nicht auf unsere Seele, dann beginnt die Seele an zu weinen. Hören wir immer noch nicht auf diese Zeichen, dann sendet uns die Seele immer stärker werdende Zeichen, die irgendwann zu Symptomen werden. Auf der psychischen Ebene können das dann sehr negatives Gedankengrübeln, andauende Ängste, starke Unruhe, Trauer und Wut sein. Auf der körperlichen Ebene oft Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen oder auch diverse Schmerzen im Körper. 

“Plötzlich merkt man, dass die Kraft wiederkommt und vor allem die Freude.”

Es ist eine Entwicklung und nicht plötzlich einfach da. Ein Zurückschauen lohnt sich immer, wo habe ich mich selber übergangen, an welcher Stelle habe ich meine Grenzen stark überschritten, zu welchem Zeitpunkt habe ich mich verloren? Unsere weinende Seele zeigt uns an, kehr zu dir zurück und pass auf dich auf. Geh achtsam mit dir, deinem Körper und deiner Zeit um. Manchmal hilft es seinen Alltag zu Hause, innerhalb der Familie oder auf der Arbeit etwas umzustellen, um sich kleine Oasen der Ruhe zu schaffen. Machen Sie sich mal eine Liste und sortieren nach kurzfristig und langfristig zu erledigenden Dingen. Nun liegt vor Ihnen nicht mehr der große, unbezwingbare Berg, sondern kleine Hügel und die sind lösbar. Plötzlich merkt man, dass die Kraft wiederkommt und vor allem die Freude. Die vorherigen Sorgen, nicht alles zu schaffen, verfliegen und man kann mit neuer, bewusster Energie an die Aufgaben gehen. Plötzlich nimmt man seine Gefühle wieder wahr und kann so seine Grenzen viel klarer ziehen und einfach auf sich selbst aufpassen. Jeder kennt stressige Zeiten und Phasen, in denen alles zu viel ist. Gerade in diesen Phasen sind achtsame Pausen wichtig. Diese Pausen kosten nicht viel Zeit. Haben Sie es mal versucht, mit allen fünf Sinnen Ihr Lieblingsnahrungsmittel zu essen? Nein, dann versuchen Sie es mal, es lohnt sich. 

Bild: © Pixabay, Giografiche

“Somit entsteht ein gesunder Prozess in ein bewussteres Lebensgefühl. (…) Es sind die kleinen Dinge, die Großes bewirken können.

Das Schönste an diesem Prozess ist, dass die Seele aufhört zu weinen, denn sie muss uns nicht mehr beschützen und hört auf Symptome zu produzieren. Wir nehmen diesen Prozess wahr, weil wir unsere Gefühle ja nun bewusster spüren können. Somit entsteht ein gesunder Prozess in ein bewussteres Lebensgefühl. Wenn es einige Tage oder auch mal mehrere gibt, von denen wir wissen, dass sie anstrengend werden, dann bauen Sie mehr Pausen und positive Dinge ein, denken in kleinen Hügeln und nehmen sich gerade an diesen Tagen mehrmals kurz Zeit für sich. Schauen Sie einfach mal zwei Minuten in den Himmel und vielleicht entdecken Sie ja Wolkenbilder? Es sind die kleinen Dinge, die Großes bewirken können. Diese kleinen Auszeiten sind sehr hilfreich, auch durch stressige Zeiten zu kommen. Es geht um das bewusste und aktive Fühlen von uns selber. „La vita e bella“, das Leben ist schön und wenn Ihre Seele lacht, dann lachen auch Sie.


Hinweis:

Durch bestimmte thematische Beiträge erfolgt keine medizinische Beratung. Nichts davon ist dazu bestimmt, Krankheiten zu diagnostizieren oder zu behandeln. Die Eigenverantwortlichkeit wird betont. Unsere Inhalte dienen lediglich der Weiterbildung, Information und Inspiration. Bei physischen oder psychischen Problemen sollte professionelle Unterstützung aufgesucht und in Anspruch genommen werden.



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