Die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“ hat ein wunderbares Leitbild. Das gesamte Team handelt im Rahmen der handlungsleitenden Maxime „Ehrfurcht vor dem Leben“. Sie haben uns tolle Einblicke gewährt in ihre Vision, ihre Projekte, auf welchen Säulen ihre Arbeit und was dabei sehr im Mittelpunkt steht.
Sie setzen sich im Rahmen der Stiftungsarbeit sehr für unsere Mitwelt ein. Welche Kampagnen beinhaltet die Arbeit?
Wir konzentrieren uns bei unserer Arbeit für die Tiere auf vier Säulen: Unternehmen, Multiplikatoren, Verbraucherinnen und Verbraucher und Recht. In der Unternehmensarbeit verhandeln wir mit Firmen, um sie dazu zu bewegen, ihre Tierschutzstandards zu erhöhen ‒ wenn nötig auch mit dem Druck der Öffentlichkeit. Wir beraten sie auch kostenfrei dazu, wie sie ihr veganes Angebot ausbauen können. Im Bereich Recht setzen wir uns auf juristischem Weg für eine Verbesserung der landwirtschaftlich gehaltenen Tiere ein. Das heißt wir klagen selbst oder unterstützen Klagen, die den Schutz dieser Tiere in Deutschland voranbringen können. Multiplikatoren aus Politik, Wissenschaft, Landwirtschaft, den Medien sowie den Tierschutz- und Tierrechtsbewegungen stellen wir zum Beispiel fundierte Informationen zur Verfügung. Wir suchen den Austausch und, wenn es passt, auch die Zusammenarbeit. Verbraucherinnen und Verbraucher erreichen wir vor allem über die Vegan Taste Week. Interessierte können bei dieser »Probewoche« die pflanzenbasierte Ernährung unverbindlich ausprobieren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten jeden Tag eine E‑Mail mit Informationen, Tipps und natürlich Rezepten.
„In Albert Schweitzers Ethik steht das Leben an sich im Mittelpunkt. (.…) Wertunterschiede zwischen den einzelnen Lebewesen werden nicht akzeptiert.”
Albert Schweitzer hat den Begriff “Menschlichkeit” sehr wesentlich geprägt. Was ist für die Stiftungsarbeit hier besonders kennzeichnend?
In Albert Schweitzers Ethik steht das Leben an sich im Mittelpunkt. Der Wert aller Lebewesen wird nicht an ihrer Leidensfähigkeit oder ihrer Intelligenz bemessen, sondern hat per se einen eigenständigen Wert. Wertunterschiede zwischen den einzelnen Lebewesen werden nicht akzeptiert. Albert Schweitzers Maxime “Ehrfurcht vor dem Leben” ist der rote Faden, der sich durch unsere gesamte Stiftungsarbeit zieht. Wir setzen uns für Tiere in der Nahrungsmittelproduktion ein, da Menschen hier besonders viel vermeidbares Leid erzeugen. In westlichen Ländern sind wir nicht auf Tierprodukte angewiesen, sodass wir auf Tierhaltung in der Landwirtschaft verzichten können. Wie jede Ethik bringt auch diese Probleme mit sich. Dennoch teilen wir die Position, dass jedes Lebewesen wertvoll ist. Misshandlung oder Tötung können nicht gerechtfertigt werden, nur weil das Lebewesen aus menschlicher Sicht weniger intelligent oder leidensfähig erscheint.
Bild: © Felix Linke
Womit hat sich die Stiftung in vergangener Zeit besonders beschäftigt? (Stichworte Massentierhaltung, Vegan Food, Käfigfrei, etc.)?
Wir haben bisher schwerpunktmäßig daran gearbeitet, die Situation von Hühnern in der Nahrungsmittelproduktion zu verbessern. Massive gesundheitliche Probleme durch Überzüchtung, drangvolle Enge und Trostlosigkeit in den Ställen sowie mangelhafte Betäubung vor der Schlachtung gehören zum Alltag in der Hühnermast. Deshalb haben sich rund 30 Tierschutzorganisationen im Rahmen der Europäischen Masthuhn-Initiative zusammengeschlossen, um wenigstens in diesen Punkten das Leid von Millionen von Tieren zu lindern. Wir überzeugen Unternehmen wie Dr. Oetker, Ikea, Frosta oder große Caterer wie die Compass Group davon, nur noch Fleisch von Hühnern zu beziehen, für die höhere Tierschutzstandards gelten. Die Tiere müssen mehr Platz, Licht und Beschäftigungsmöglichkeiten haben, vollkommen überzüchtete Rassen und Hybriden sind verboten und es kommen weniger qualvolle Betäubungsmethoden zum Einsatz.
„Indem wir Tierrechts- und Tierschutzthemen in die aktuellen Fachdebatten zur Landwirtschaft einbringen, können wir Veränderungen anstoßen und mitgestalten.”
Wir konnten außerdem von weiteren Themen wie Landwirtschaft, Gesundheit oder Welternährung lesen. Was könnten Sie kurz darüber mit uns teilen?
Indem wir Tierrechts- und Tierschutzthemen in die aktuellen Fachdebatten zur Landwirtschaft einbringen, können wir Veränderungen anstoßen und mitgestalten. Neben unserer Arbeit gegen Massentierhaltung setzen wir uns aber zum Beispiel für die Förderung der biozyklisch-veganen Landwirtschaft ein. Denn wir wollen ja konstruktiv Alternativen aufzeigen. Tierhaltung ist ressourcenintensiv, da sowohl die Haltung selbst als auch der Futtermittelanbau sehr viel Fläche und Wasser verbrauchen. Diese Ressourcen könnten weit sinnvoller eingesetzt werden. Würden wir die an Tiere verfütterten Pflanzen (oder die für deren Anbau verwendeten Ackerflächen) direkt für die menschliche Ernährung bereitstellen, so ließen sich damit prinzipiell mehr Menschen ernähren als über den “Umweg Tier”. Eine pflanzenbasierte Ernährung hat zudem auch gesundheitliche Vorteile. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und andere Gesundheits- und Ernährungsorganisationen betonen, dass Pflanzen den Hauptbestandteil unserer Ernährung ausmachen sollten. Der zu hohe Fleischkonsum in Deutschland begünstigt zudem u. a. Gefäß- und Herzkrankheiten. Zudem hat die WHO rotes Fleisch und ganz besonders verarbeitetes Fleisch (z. B. Wurstwaren) als krebserregend eingestuft.
Bild: © Timo Stammberger
„Jede und jeder Einzelne kann den Tieren direkt helfen, indem er oder sie weniger Tierprodukte konsumiert.”
Wie kann jeder von uns den Tieren helfen? Wie kann man Ihre Stiftungsarbeit unterstützen?
Jede und jeder Einzelne kann den Tieren direkt helfen, indem er oder sie weniger Tierprodukte konsumiert. Eine gute Möglichkeit, die pflanzenbasierte Ernährung unverbindlich auszuprobieren, bietet wie gesagt unsere Vegan Taste Week. Hier können sich Interessierte anmelden. Unsere Arbeit ist komplett spendenfinanziert. Wir wurden von der amerikanischen Organisation Animal Charity Evaluators (ACE) zum weiteren Mal in Folge als besonders empfehlenswerte »Top Charity« ausgezeichnet ‒ als eine von nur vier Tierschutzorganisationen weltweit. Unsere Spenderinnen und Spender können sich also sicher sein, dass ihr Geld bei uns sinnvoll und effektiv eingesetzt wird. Petitionen und Protestaktionen haben die größte Wirkung, wenn viele mitmachen. Wer über unsere Arbeit informiert bleiben möchte, kann die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt auf Facebook abonnieren, uns auf X unter @SchweitzerTiere oder Instagram folgen oder sich für unseren Tierschutznachrichten-Newsletter anmelden.
Mehr dazu unter: www.albert-schweitzer-stiftung.de
Das ganze Interview wurde in einer vorherigen Ausgabe des Magazins “Pure & Positive” veröffentlicht.