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Neuer Sinn in der Lebensmitte!

Christin Prizelius | 16.05.25 | Gastbeitrag von Claudia Thurner-Puchert | © Katrin Dammann

Schon seit ihrer Jugend beschäftigt Claudia Thurner-Puchert die Frage, wie wir Menschen ticken, was uns ausmacht und wie es uns gelingt, ein erfülltes Leben zu führen. Zuerst wollte sie Antworten finden, um selbst ein schönes Leben zu haben. Nun begleitet sie auch andere Menschen dabei und hat Pure & Positive diesen Gastbeitrag zum Thema “Neuer Sinn in der Lebensmitte” geschrieben.

Wenn die Kinder ausziehen – und das Herz leer bleibt

Der Moment, in dem das letzte Kind das Zuhause verlässt, ist für viele Frauen ein tiefer Einschnitt. Die Räume sind plötzlich stiller. Der Alltag, einst geprägt von Pausenbroten, Hausaufgaben und Elternabenden, wirkt leer. Das „leere Nest“, wie man diesen Lebensabschnitt nennt, ist mehr als nur eine Veränderung im Tagesablauf – es betrifft das ganze System: Körper, Geist und Seele.

„Der emotionale Umbruch ist völlig normal – schließlich bedeutet das Loslassen auch Abschied nehmen von einem Lebensabschnitt, der über Jahrzehnte hinweg Identität gestiftet hat.”

Was das „leere Nest“ emotional auslöst

Viele Frauen berichten in dieser Zeit von einem Gefühl innerer Leere, Orientierungslosigkeit oder auch Schuldgefühlen: „Warum bin ich nicht einfach froh, dass meine Kinder selbstständig sind?“ Doch der emotionale Umbruch ist völlig normal – schließlich bedeutet das Loslassen auch Abschied nehmen von einem Lebensabschnitt, der über Jahrzehnte hinweg Identität gestiftet hat. Trauer, Wehmut oder sogar depressive Verstimmungen können sich einstellen. Hinzu kommen mentale Herausforderungen: Was kommt jetzt? Was bleibt? Wer bin ich, wenn ich nicht mehr (hauptsächlich) Mutter bin? Auch körperlich kann sich die neue Lebensphase bemerkbar machen – etwa durch Schlafstörungen, Erschöpfung oder diffuse Unruhe.

Chancen in der Übergangszeit erkennen

So schmerzhaft dieser Übergang zunächst sein kann – er birgt auch große Chancen. Denn genau dort, wo ein Kapitel endet, kann ein neues beginnen. Viele Frauen entdecken gerade in dieser Zeit Talente, Interessen oder Träume wieder, die lange verschüttet waren. Es ist die Einladung zu einer neuen Begegnung mit sich selbst. Das leere Nest kann zu einem geschützten Raum werden, in dem neue Visionen reifen – jenseits von familiären Verpflichtungen. Endlich wieder Zeit für Kreativität, für Gemeinschaft, für persönliche Entwicklung. Vielleicht auch für ein Ehrenamt, ein Herzensprojekt oder ein beruflicher Neustart.

Bild: © Claudia Thurner-Puchert

Gefühle würdigen und liebevoll annehmen

Der erste Schritt in eine neue Richtung beginnt mit der Annahme der eigenen Gefühle – ohne sie sofort verändern oder „wegcoachen“ zu wollen. Trauer darf sein. Schmerz auch. Indem wir uns erlauben, diese Gefühle zu spüren und zu würdigen, schaffen wir einen inneren Raum für Heilung und Neubeginn. Eine einfache Übung: Setze dich in Ruhe hin und schreibe einen Brief an dein Mutter-Ich – dankbar, ehrlich, würdigend. Was war schön? Was war herausfordernd? Was darf nun gehen? Und was darf neu entstehen?

Neue Wege zu mehr Sinn – was wirklich hilft

Der Weg in eine neue Sinnhaftigkeit ist individuell – doch es gibt aus meiner Erfahrung 4 wichtige Schritte, die Frauen wirklich helfen:

1. Bewegung & Entspannung – Körper & Psyche verbinden

Bewegung ist mehr als Fitness – sie bringt Energie in Fluss, löst emotionale Blockaden und hebt die Stimmung. Das was früher gut war, passt vielleicht heute nicht mehr. Deshalb rate ich Frauen in dieser Lebensphase neue Bewegungs- und Entspannungsformen für sich zu entdecken und auszuprobieren. Vielleicht ist es eine Yoga- oder Qi Gongkurs, ein Tanzangebot, eine Aktivität in der Natur, ein Atem- oder Meditationskurs. Es ist so wichtig, erstmal beim Körper anzufangen, ihn an- und auch mitzunehmen. wie er jetzt ist und ihm etwas Gutes zu tun.  

Mein TIPP: Schau dich mal bei dir im Ort um, Vereine haben oft ganz tolle Angebote! Ich selbst habe in dieser Zeit Energy Dance und Yoga für mich entdeckt. Nachdem ich erst verschiedene Kurse besucht habe, habe ich dann sogar selbst noch meinen Trainerschein „Energy Dance“ gemacht und mit 50 Jahren sogar noch eine Yogalehrerausbildung, die mein Leben komplett verändert hat.

2. Ehrlicher Austausch mit anderen Frauen – Verbindung statt Vergleich

Gerade in Umbruchsphasen tut es gut, mit anderen Frauen im offenen, authentischen Kontakt zu sein. Wenn Masken fallen dürfen und Raum entsteht für echte Gespräche und geteiltem Erleben entstehen oft tiefe Verbindungen. Es geht nicht um Konkurrenz, sondern um gegenseitige Unterstützung.

Mein TIPP: Ein Weg Gleichgesinnte kennen zu lernen ist z.B. eine Fortbildung zu einem Thema, das dich immer schon interessiert hat oder ein Retreat oder einen Workshop zu besuchen. Ich selbst bin jemand, der immer wieder Lust hat etwas Neues zu lernen und auch zu erleben. Auf diesem Weg sind mir schon viele interessante Frauen begegnet, mit denen ich in einem offenen und oft auch sehr intensiven und ehrlichen Austausch bin und die ich heute in meinem Leben nicht mehr missen möchte.

3. Kreativer Ausdruck – Gefühle verwandeln


Vielen Frauen in dieser Lebensphase, hilft es ihren kreativen Ausdruck wiederzuentdecken. Dazu muss man keine Künstlerin sein. Ob Malen, Schreiben, Musizieren oder Handarbeit, Kreativität ist ein kraftvoller Kanal, um das Innere nach außen zu bringen. Wer sich künstlerisch ausdrückt, verbindet sich mit der eigenen Lebendigkeit – und schafft Raum für neue Energie.

Mein TIPP: Erinnere dich an deine Kindheit und Jugend. Was hast du da immer schon gerne gemacht? Unsere frühen Neigungen und Hobbies zeigen sind ganz häufig der Schlüssel zu unserer Kreativität. Bei mir war es das Malen, dass ich mit Mitte 40 wiederentdeckt habe. Es bringt mir einerseits eine tiefe Konzentration und Ruhe und auf der anderen Seite eine große Freude und Energie, wenn aus dem Nichts auf einmal etwas entsteht.

„Unsere Werte sind der Schlüssel zu innerer Orientierung. Sie geben uns Halt, wenn äußere Strukturen wegfallen.”

4. Wertearbeit – was ist mir jetzt wichtig?

Unsere Werte sind der Schlüssel zu innerer Orientierung. Sie geben uns Halt, wenn äußere Strukturen wegfallen. Wer seine Werte kennt, trifft klarere Entscheidungen, fühlt sich verbundener mit sich selbst – und erlebt mehr Sinn. Denn Sinn entsteht genau dort, wo wir im Einklang mit unseren Werten leben. Wenn einer Frau z.B. Freiheit besonders wichtig ist, dann kann jetzt der richtige Zeitpunkt sein, um allein zu reisen oder sich beruflich nochmal neu zu orientieren. Wer Verbundenheit als zentralen Wert empfindet, wird neue Wege suchen, um Gemeinschaft zu erleben – etwa durch ehrenamtliches Engagement oder neue Freundschaften. Wenn Kreativität oder Weiterentwicklung zu den Kernwerten zählen, entsteht plötzlich Raum für lang gehegte Träume: einen Malkurs besuchen, ein Buch schreiben, eine Ausbildung beginnen.

MEIN TIPP: Diese Methode eignet sich besonders, um deine Werte zu finden: Schreib auf, welche Momente in deinem Leben dich tief berührt oder erfüllt haben.

Fazit: Die beste Zeit beginnt jetzt

Die Lebensmitte ist kein Ende – sie ist eine Schwelle. Wenn wir bereit sind, durch sie hindurchzugehen, erwartet uns auf der anderen Seite nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Tiefe, mehr Wahrheit, mehr Selbstverbindung. Der Weg dahin beginnt oft im Kleinen: Ein Spaziergang allein. Ein Gespräch von Herz zu Herz. Ein erstes „Ich darf das jetzt“. Und vielleicht – eine völlig neue Vision vom eigenen Leben.

Claudia Thurner-Puchert ist Expertin für ganz ganzheitliche Gesundheit und begleitet Frauen in der Lebensmitte dabei, neue Kraft, Klarheit und Sinn für ihren nächsten Lebensabschnitt zu finden. Als erfahrene Pädagogin, zertifizierter Coach, Yogalehrerin und Gesundheitspädagogin verbindet sie fundiertes Wissen mit gelebter Erfahrung – mit viel Herz, Bewegung und Tiefgang.

Mehr dazu unter: www.ctp-gesundheit.de

Bild: © Claudia Thurner-Puchert


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