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Negative Muster und Prägungen aus der Kindheit auflösen.

Christin Prizelius, Ramon Schlemmbach
Christin Prizelius | 14.07.25 | Gastbeitrag von Ramón Schlemmbach | © Schlemmbach Coaching GmbH

Der Psychologe Ramón Schlemmbach erklärt uns in diesem Gastbeitrag, wie sich elterliche Erfahrungen unbewusst auf die Erziehung der Kinder auswirken. Er ist vor allem als Coach für Kindheitsaufarbeitung bekannt und hat das Programm “Geprägt! Aber richtig” entwickelt, um Menschen dabei zu helfen, negative Muster und Prägungen aus ihrer Kindheit aufzulösen.

Viele Eltern stellen irgendwann erstaunt fest, dass sie bei der Erziehung ihrer Kinder plötzlich mit alten Themen konfrontiert werden, die sie längst abgeschlossen glaubten. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn ein Wutanfall des Kindes alte Verhaltensmuster der eigenen Mutter hervortreten lässt, oder wenn die Kinder Eigenschaften zeigen, die man früher an sich selbst ablehnte. Schnell wird klar: Die Vergangenheit scheint sich zu wiederholen. Die Wurzeln dieses Phänomens liegen oft in eigenen Kindheitserfahrungen, die nie wirklich hinterfragt oder aufgearbeitet wurden. Besonders in konfliktreichen Situationen wie der Erziehung beeinflussen diese Prägungen das Verhalten erheblich – und prägen damit auch die Entwicklung der eigenen Kinder. Im folgenden Beitrag wird deshalb beleuchtet, welche Rolle persönliche Erfahrungen im Eltern-Kind-Verhältnis spielen und wie es gelingen kann, alte Muster zu durchbrechen.

Situationen, in denen Prägungen an die Oberfläche drängen

Prägungen aus der Kindheit beeinflussen das Verhalten im Erwachsenenalter – besonders dann, wenn sie nie bewusst aufgearbeitet wurden. Häufig äußern sie sich in Form von Überreaktionen. Diese können sowohl die Gefühle der Eltern betreffen, etwa in übermäßiger Wut, wenn das eigene Kind seinen Willen durchsetzen möchte, als auch in starker Angst, die zu einer überbehütenden Erziehung führt. Eine genauere Betrachtung zeigt: Oft liegt der Ursprung solcher Reaktionen in eigenen Kindheitserfahrungen. So durften die betroffenen Elternteile als Kinder möglicherweise ihren eigenen Willen nicht ausdrücken oder wurden selbst übermäßig behütet.

Durch psychologische Strafen wie verbaler oder physischer Gewalt, Isolation oder anhaltendes Schweigen entsteht eine Unterwerfungsprägung – man versucht, den unangenehmen Konsequenzen durch angepasstes Verhalten zu entkommen.


Doch nicht nur Gefühlsprägungen können auf frühere Erlebnisse zurückgeführt werden, auch Verhaltensmuster haben häufig ihren Ursprung in der Vergangenheit. Eltern, die ihren Kindern keine Grenzen setzen, wurden zum Beispiel oft sehr streng aufgezogen. Durch psychologische Strafen wie verbaler oder physischer Gewalt, Isolation oder anhaltendes Schweigen entsteht eine Unterwerfungsprägung – man versucht, den unangenehmen Konsequenzen durch angepasstes Verhalten zu entkommen. Das kann sich auch auf die Kindererziehung auswirken, wenn Eltern fürchten, bei Strenge von ihren Kindern abgelehnt zu werden.

Der Ursprung von Mustern und Prägungen

Vielen Menschen ist nicht klar, ob sie selbst von Mustern oder Prägungen betroffen sind. Unter Psychologen gilt die Faustregel: Wenn eine Gefühlsregung oder Verhaltensweise nicht nur einmalig, sondern immer wieder an die Oberfläche drängt, ist die Wahrscheinlichkeit für eine prägende Erfahrung in der Vergangenheit hoch.
Muster und Prägungen sind nämlich letztlich nichts anderes als vergangene negative Erfahrungen, die die innere Welt nachhaltig beeinflusst haben. Diese müssen nicht zwingend erschütternd sein; in der jeweiligen Situation haben sie sich allerdings auf das persönliche Weltbild ausgewirkt. Eine Mutter, die eines ihrer drei Kinder anders behandelt als die beiden Geschwister, kann in diesem Kind das Gefühl auslösen, nicht gut genug zu sein. Muster und Prägungen basieren also auf einer negativen, emotional verletzenden Erfahrung, die die Sicht auf die Welt oder auf sich selbst nachhaltig verändert. Es entstehen innere Glaubenssätze, die sich später auf das Erleben und Verhalten auswirken. Solche Überzeugungen wirken oft unbewusst und bestimmen das Handeln, bis sich die Betroffenen aktiv mit den schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit auseinandersetzen und sie aufarbeiten.

Bild: © Schlemmbach Coaching GmbH

Die Bewusstwerdung von Prägungen als erster Schritt zur Überwindung

Die Aufarbeitung von Prägungen und Mustern ist ein komplexer Prozess, der nicht über Nacht geschehen kann. Wer sich der Vergangenheit dennoch stellen will, sollte zunächst versuchen, sich seiner eigenen Prägungen bewusst zu werden. Eine gute Methode hierfür ist das Erstellen einer Liste, die alle wiederkehrenden Themen enthält. Dazu gehören beispielsweise anhaltende Ängste, immer wieder aufkommende Eifersucht, wiederkehrende Schwierigkeiten beim Setzen von Grenzen oder ein ständiges Gefühl von Ablehnung. Zum Abgleich oder für eine zusätzliche Perspektive können Gespräche mit engen Vertrauten geführt werden. Diese sind in der Regel gut dazu in der Lage, wiederkehrende Themen präzise zu benennen.

„Selbstzweifel und das Gefühl, nicht gut genug zu sein, könnten ihren Ursprung hingegen darin haben, wenn man als Kind gemobbt wurde. Sobald passende Situationen gefunden wurden, müssen diese aufgearbeitet werden.”

Anschließend erfolgt die Suche nach Ursachen in der Vergangenheit. Gesucht sind Erfahrungen oder Erlebnisse, die für die Prägung verantwortlich sein könnten. Wer immer wieder rasende Eifersucht bei sich feststellt, erinnert sich vielleicht daran, vom ersten festen Freund betrogen worden zu sein. Selbstzweifel und das Gefühl, nicht gut genug zu sein, könnten ihren Ursprung hingegen darin haben, wenn man als Kind gemobbt wurde. Sobald passende Situationen gefunden wurden, müssen diese aufgearbeitet werden. Dabei kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ramón Schlemmbach ist klinischer Psychologe (M.Sc.), systemischer Paartherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie. Als Experte für Kindheitsprägungen unterstützt er mit seinem Coaching-Programm „Geprägt! Aber richtig“ Erwachsene dabei, emotionale Altlasten wie Ängste, Selbstzweifel oder Beziehungsmuster zu erkennen und nachhaltig zu verändern. Durch seine strukturierte Online-Arbeit hat er bereits mehreren hundert Klientinnen und Klienten aus verschiedenen Ländern geholfen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und ein erfüllteres Leben zu führen. Seine Expertise teilt er regelmäßig in Podcasts und Interviews, unter anderem bei ANTENNE BAYERN, dem BGM-Podcast und im UnternehmerJournal.

Mehr dazu unter: www.ramon-schlemmbach.de  

Bild: © Schlemmbach Coaching GmbH


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