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Positive Veränderungen möglich machen.

Christin Prizelius | 07.04.25 | Interview mit dem Team der Seehundstation Friedrichskoog | © Privat

Die Seehundpopulationen haben sich in den letzten Jahren verändert. Mal stiegen sie, mal gingen sie zurück. Das fanden wir schon vor einer Weile so spannend zu hören, dass wir mal genauer nachgefragt und dafür das Team der Seehundstation in Friedrichskoog besucht haben. Die Seehundstation Friedrichskoog e.V. gibt es bereits seit 1985 und gehört zu der Gemeinde Friedrichskoog in Schleswig-Holstein. Hier sind vor allem die Aufzucht verwaister und verletzter Kegelrobben und Seehunde sowie Forschungsinitiativen zum Artenschutz zwei Schwerpunkte. Wir durften den Rettern von der Nordsee, hier Diplom-Biologin Janne Sundermeyer und Tierärztin Ulrike Meinfelder, ein paar Fragen stellen.

Liebe Janne und Ulrike, erst einmal ganz herzlichen Dank für eure Zeit. Mögt ihr vielleicht zu Beginn mal etwas Grundlegendes zu eurer Arbeit hier in der Seehundstation sagen?

JS: Nach der Schule, vor über 20 Jahren, habe ich hier schon ein „Freiwilliges Ökologisches Jahr” gemacht und dann Biologie mit dem Schwerpunkt Meeresbiologie studiert. Dann war ich 6 Jahre in der Forschung tätig, habe mich da auch mit den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten wie Lärm unter Wasser auf Robben und Wale beschäftigt, und bin jetzt wieder in der Seehundstation — also quasi zurück zu den Wurzeln — und kümmere mich nun um die Umweltbildung und Wissensvermittlung, um etwas zum Schutz der Robben beizutragen. Nebenbei mache ich noch ein bisschen etwas direkt mit den Tieren, im Heulerbereich weniger, das machen eher die Kollegen, aber mit den Dauerhaltungstieren, im Training, aber auch Kontakt mit den Gästen, Schulklassen etc. Dann haben wir im Team einige Festangestellte. In den letzten Jahren haben wir hier gut aufstocken können, dann Auszubildende im Bereich Tierpflege, junge Leute, die einen Freiwilligendienst machen, also Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilliges Ökologisches Jahr, und einige Praktikanten.

UM: Der Tagesablauf ist sehr unterschiedlich, das hängt auch ein bisschen von der Jahreszeit ab. Im Sommer kann es durchaus sein, dass man schon morgens um 5.00h hier ist, weil um 6.00h schon die erste Fütterung der Jungtiere stattfindet. Dann werden die Tiere auch routinemäßig untersucht. Je nachdem, wie alt sie sind, sogar manchmal täglich. Später dann nur noch alle 3 Tage und dann wird 4 Mal am Tag gefüttert. Im Sommer kommen ja fast täglich neue Tiere dazu, die von der ganzen schleswig-holsteinischen Küste hier eingeliefert werden. Und das ist im Sommer, zumindest bei mir, so das Hauptaugenmerk. Im Winter ist das natürlich ganz anders, da haben wir auch kürzere Arbeitstage, weil wesentlich weniger Kegelrobbenjungtiere und Heuler zu uns kommen. Natürlich hin und wieder auch mal geschwächte Seehunde, die aufgepäppelt werden müssen, aber es ist einfach deutlich ruhiger.

JS: Ende April Anfang Mai geht es meistens los, da sind dann die ersten Frühgeburten, aber die Hauptgeburtenzeit ist im Juni. Ende Mai/Anfang Juni geht es richtig los, bis in den Juli rein. Letztes Jahr waren es in Schleswig-Holstein fast 4000 Jungtiere, die draußen geboren worden sind. Sie werden nur in einem sehr kurzen Zeitraum von 4–6 Wochen gesäugt. Das ist dann die Zeit, in der sie bei der Mutter liegen und sehr anfällig sind für Störungen von außen. Deswegen ist Hauptarbeitszeit auch im Sommer, weil die Aufzucht der Jungtiere eben nicht so lange dauert. Knapp 2–3 Monate und dann werden sie im Herbst schon wieder ausgewildert.

Ist eigentlich jede Robbe ein Seehund? Wie steht es mit den Kegelrobben? Mögt ihr vielleicht für uns nochmal Klarheit in die Begrifflichkeiten bringen? Welche Art ist hier in der Nordsee am meisten verbreitet?

JS: Robben gehören zu den Raubtieren, sind also im Wasser lebende Raubtiere. Es gibt verschiedene Arten. 30 verschiedene Robbenarten, dazu gehören die Hundsrobben (hier in Deutschland), die Ohrenrobben (Seelöwen und Seebären, die sich anatomisch ein wenig von den Hundsrobben unterscheiden. Sie können auch auf allen Vieren laufen, haben auch ein kleines Außenohr) und die Walrosse. Das sind die 3 Familien. Die Hundsrobben, die hier in Deutschland am meisten auftreten, haben keine Ohrmuschel mehr und auch relativ kurze Flossen, bewegen sich also robbend vorwärts und können nicht mehr auf allen Vieren laufen. Die beiden heimischen Arten sind hier die Kegelrobbe und Seehund. In der Station hier haben wir hauptsächlich Seehunde, ähnlich wie draußen im Wattenmeer. Da ist die hauptsächliche Robbenart der Seehund.

UM: Nicht jede Robbe ist ein Seehund, aber jeder Seehund eine Robbe.

„Es geht grundsätzlich darum, dass kein Tier unnötig in menschliche Obhut gerät. Deswegen ist es wichtig, dass man Fachpersonal hat, das entscheiden kann, ob diesem Tier jetzt geholfen werden muss, oder nicht. Wenn es ein Tier ist, das vor kurzem von der Mutter abgestillt worden ist, dann heulen sie immer noch. Das ist ein Kontaktlaut, an dem sich Mutter und Jungtier erkennen, und am Ende der Säugezeit, wenn man als Jungtier selber Nahrung suchen und jagen muss, ist mal als Jungtier natürlich erst einmal ein bisschen beleidigt.”

Wie kommt es überhaupt dazu, dass junge Heuler zu euch finden, und wie ist dann so der Ablauf? Welche Geburtenzeiten haben die Robben und wie viele Junge bekommen sie?

UM: Für gewöhnlich ist es so, dass die Tiere bei uns gemeldet werden. Meistens von Touristen, die draußen im Watt unterwegs sind oder Strandspaziergänge machen, und bei uns anrufen oder bei der Polizei. Und das wird dann an den Seehundjäger weitergegeben und jeweils der für sein Gebiet zuständige Seehundsjäger fährt dann los, schaut sich das Tier an und guckt, ob das überhaupt ein hilfsbedürftiges Tier ist, und entscheidet dann vor Ort über das weitere Vorgehen. Es kann durchaus sein, dass das Tier dann mal mehrere Stunden unter Beobachtung bleibt und das Gebiet vielleicht auch erst einmal abgesperrt wird. Aber es kann auch sein, wenn das Tier alleine Kilometerweit in den Salzwiesen unterwegs ist, und angenommen werden kann, dass da sicherlich keine Mutter in der Nähe ist, dass er das Tier dann mitnimmt.

JS: Ich bin selber auch Seehundjägerin…

CP: Der Name irritiert ja schon erst einmal!? (lacht)

JS: Ja, das liegt daran, dass es noch ein sehr traditioneller Begriff ist, aus der Zeit, als Seehunde noch aktiv bejagt wurden. Seit den 70ern ist das in Deutschland nicht mehr der Fall. Trotzdem ist es so, dass der Seehund weiter dem Jagdrecht unterliegt. Er hat hier aber dennoch eine ganzjährige Schonzeit und wird nicht mehr aktiv bejagt. In unterschiedlichen Ländern gibt es ein unterschiedliches Strandungsnetzwerk, in dem es das Ziel ist, möglichst eine gute Reaktionskette aufzubauen wo, wenn ein Tier gemeldet wird, ihm schnell geholfen werden kann. Und in Deutschland ist es eben das Prinzip mit den Seehundjägern, die eigentlich, obwohl es noch so klingt, nicht mehr aktiv jagen. Die haben da dann unterschiedliche Möglichkeiten. Wenn ein Tier gemeldet wird, kann man es erst einmal beobachten. Robben liegen nämlich manchmal auch einfach gerne am Strand, nicht immer auf Sandbänken, sondern auch einfach mal an der Küste. Es geht grundsätzlich darum, dass kein Tier unnötig in menschliche Obhut gerät. Deswegen ist es wichtig, dass man Fachpersonal hat, das entscheiden kann, ob diesem Tier jetzt geholfen werden muss, oder nicht. Wenn es ein Tier ist, das vor kurzem von der Mutter abgestillt worden ist, dann heulen sie immer noch. Das ist ein Kontaktlaut, an dem sich Mutter und Jungtier erkennen, und am Ende der Säugezeit, wenn man als Jungtier selber Nahrung suchen und jagen muss, ist mal als Jungtier natürlich erst einmal ein bisschen beleidigt (lacht). Und wenn sie dann heulen, kann es eben sein, dass das Tier gar keine Hilfe benötigt. Dann ist es wichtig, dem Tier Ruhe zu geben, Bereich absperren und dafür sorgen, dass das Tier nicht unnötig gestört wird oder gar in menschliche Obhut gerät. Aber auch das Einsammeln von toten Tieren gehört zu unserer Arbeit, und, dass die von den Stränden wegkommen.

JS: Normal sind Einzelgeburten, Zwillingsgeburten sind eher selten. Aber es ist dennoch schwer zu sagen. Die Robben leben ja hauptsächlich auf Sandbänken, wo ja absolutes Betretungsverbot herrscht, in der Schutzzone 1 des Nationalparks, und da ist es von außen schwer zu erkennen, ob die Robben jetzt Geschwister sind, oder nicht (lacht). In der Niederlande finden aber auch gerade Untersuchungen statt, da gibt es gibt Bereiche, in denen man gut auf Sandbänke gucken kann, und da ist festgestellt worden, dass durchaus eine Robbenmutter auch mal andere Jungtiere säugt. Das machen nicht alle aber es kann vorkommen.

Was sind die größten Gefahren für die Kleinen und welche Rolle spielt der Mensch dabei? Was kann man tun und wie verhält man sich, wenn man eine junge Robbe am Strand findet?

JS: Das Wichtigste ist, dass man Respekt hat und Abstand hält. Es ist und bleibt eben ein Wildtier. Es gibt auch verschiedene Gründe, warum eine Robbe am Strand liegt. Es kann sein, dass sie sich nach einem Sturm nur ausruht, es kann aber eben auch sein, dass es sich um einen Heuler handelt – also ein Jungtier, das seine Mutter verloren hat. Man darf dabei nie vergessen, dass Robben halt Raubtiere sind, die scharfe lange Zähne haben und normalerweise nicht gerne mit Menschen Kontakt haben. Wenn man sich Robben nähert und diese nicht fliehen, kann es sein, dass die Robben krank sind und nicht fliehen können. Dann ist oft das letzte Mittel das Beißen. Zum einen sollte man natürlich Abstand halten, um die Robbe nicht zu gefährden, aber auch um sich selbst nicht zu gefährden. Auch Hunde sollte man nicht näher ranlassen, weil es auch durchaus Krankheiten gibt, die von Hund auf Robbe und umgekehrt übertragbar sind. Das Nächste kann aber auch sein, dass es ein Jungtier ist, das noch mit der Mutter zusammen ist, die aber nur kurz mal jagen ist. Sie legen ihre Jungen durchaus mal eine Zeit lang ab, und wenn wir Menschen da eine Störung reinbringen, kommt die Mutter eben nicht zurück. Man sagt, dass die Mutter und ihr Junges sich am Geruch erkennen auch direkt nach der Geburt haben sie auch Schnauzenkontakt. Es kann sein, dass der Geruch des Menschen dann eben verhindert, dass sich Mutter und Jungtier wiederfinden.  

CP: Also individuell gucken, am besten in Ruhe lassen und wenn man Sorge hat, Polizei oder direkt euch anrufen.

JS: …Ja genau und vor allem erst einmal Abstand halten! Man kann es erkennen, wenn Seehunde unruhig werden, dann heben sie den Kopf und gucken. Das heißt, wenn man merkt, dass sie sich stärker bewegen, lieber wieder ein paar Meter zurückgehen. Wir sagen, wenn möglich, mehrere Hundert Meter, obwohl wir wissen, dass das nicht an jeden Strandabschnitt möglich ist.

Bild: © Privat, Seehundstation Friedrichskoog

Wir haben gelesen, dass es bezüglich der Seehundpopulationen in der Nordsee Schwankungen gibt?! Was könnt ihr uns darüber erzählen?

JS: Ich meine seit den 70er Jahren finden jährlich Seehundzählungen statt. Diese werden in Deutschland, Dänemark und der Niederlande koordiniert, damit es ein zusammenhängender Seehundbestand ist. Seehunde kennen da keine Grenzen und nutzen das gesamte Wattenmeer. Es gibt verschiedene Zeitpunkte, an denen gezählt wird. Zum einen zur Hauptgeburtenzeit, um herauszufinden, wie viele Jungtiere jedes Jahr geboren werden. Zum anderen ist es die Zeit des Fellwechsels – das ist im August, wo die meisten Robben auf den Sandbänken liegen. Man geht davon aus, dass man immer so 1/3 der Tiere nicht mitzählt. Das heißt, 2018 zum Beispiel sind im gesamten Wattenmeer fast 26.900 Seehunde gezählt worden und das wird dann nochmal korrigiert um dieses 1/3, wo man davon ausgeht, dass man es nicht hat sehen können. 38.000 Seehunde gibt es wohl um diese Zeit im Wattenmeer und davon lebt in Schleswig-Holstein wohl auch ungefähr ein Drittel. Weit über 12.000 Seehunde sind also hier bei uns im Land zwischen den Meeren.

„Man glaubt es kaum, wenn man ihre Augen sieht, und sie einen so nett angucken, aber sie können schon auch ordentlich zubeißen und dann müssen wir auch Acht geben auf unsere Finger. (…) Es sind eben Wildtiere, die man so wenig wie möglich stressen sollte. Es sollte auch so wenig Umgang mit uns Menschen wie möglich geben, da sie hier schnell Stress empfinden und den Kontakt einfach nicht mögen.”

Wie viele Seehunde kommen im Jahr zu euch und wie unterschiedlich stehen so die Chancen, dass sie dann auch alle durchkommen und ihr sie wieder auswildern könnt? Wie ist da so der Ablauf und wie lange bleiben die Kleinen letztendlich hier?

UM: Genau kann man es nicht sagen, wie viele kommen. Das ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Wir hatten mal über 270 Einlieferungen. Das war schon eine ganze Menge. Über das Jahr waren es dann über 300… Janne, weißt du, wie viele es genau waren?

JS: Ich meine es waren 304.

UM: Wie gesagt, das ist sehr unterschiedlich, je nachdem wie sich die Hauptgeburtenzeit entwickelt und wann die Haupteinlieferungszeit ist. Von daher kann man es wirklich nicht genau sagen. Den Großteil kriegt man auch durch. Eine gute Quote ist, wenn es 90% schaffen. Dann ist es schon ein gutes Jahr. Es kommt leider auch immer mal vor, dass es einigen plötzlich schlechter geht, wo man anfangs noch dachte, ihnen geht es ganz gut. Plötzlich geht es dann aber nach einer Woche wieder schlechter und das kriegt man leider oft auch schlecht wieder aufgefangen. Die Tiere verbergen lange ihre Symptome und zeigen uns nicht, dass es ihnen nicht gut geht, und dann stehen die Chancen oft schlecht, sie durchzubekommen.

CP: Wie ist dann der Ablauf bei der Auswilderung? Wie geht man da vor?

UM: Voraussetzungen für die Auswilderung sind, dass das Tier vollkommen gesund ist, dass es selbstständig fressen kann und ein Mindestgewicht von 25kg erreicht hat. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen und auch alle Anträge dafür genehmigt sind, dürfen wir sie wieder auswildern.

CP: Und dann da, wo man sie gefunden hat?

UM: Nein, vor Dithmarschen an einer Deichstelle und dort können sie selbstständig zu Wasser gehen und sich ihren Weg suchen.

Was gibt es allgemein im Umgang mit Robben und vor allem Heulern zu berücksichtigen?

UM: (lacht!) Im Umgang ihre Bissigkeit! Man glaubt es kaum, wenn man ihre Augen sieht, und sie einen so nett angucken, aber sie können schon auch ordentlich zubeißen und dann müssen wir auch Acht geben auf unsere Finger. Da sind schon hässliche Entzündungen entstanden, weil sie schon auch viele Keime an sich tragen — gerade an den Zähnen. Es sind eben Wildtiere, die man so wenig wie möglich stressen sollte. Es sollte auch so wenig Umgang mit uns Menschen wie möglich geben, da sie hier schnell Stress empfinden und den Kontakt einfach nicht mögen. Wir achten sehr darauf, dass sie menschenfremd aufgezogen werden, sich also nicht an uns gewöhnen und draußen wieder natürlich verhalten können.

„Wenn man halt sieht, dass man anderen Leuten etwas mitgibt, ist das etwas Schönes. Mir liegen die Region hier und die Seehunde sehr am Herzen, ich bin an der Küste aufgewachsen und möchte eben, dass das länger noch so ist. Dass es ein Lebensraum ist und die Tiere da auch weiter existieren können und wir Menschen das genießen können und es eben nicht nötig ist, ein Zaun darum zu bauen und zu sagen, das ist jetzt Betretungsverbot.”

Was kann jeder von uns tun, um die Robben zu schützen?

JS: Da gibt es verschiedene Sachen, was wir zum Teil auch schon angesprochen haben. Zum einen Umgang draußen beim Fund einer Robbe, dass man sie in Ruhe lässt, und dann kann auch jeder von uns etwas im Alltag tun. Da gibt es vor allem den Lebensraumschutz und altbekannte und doch gerade wieder aktuelle Themen wie Mikroplastik oder allgemeiner Müll, Schadstoffe reduzieren. Also letztendlich all das, was man tun kann, um die Meere zu schützen, hilft auch den Robben. So wie wir unseren eigenen Raum zum Leben brauchen, brauchen es die Tiere eben auch… Also ausreichend Nahrung und ruhige Liegeplätze auf Sandbänken zum Gebären und Säugen. Der Nationalpark ist nun seit 1985 schon eine gute Schutzmaßnahme hier vor Ort, aber der Schutz der Umwelt beginnt schließlich bei jedem Einzelnen. Wir möchten ja letztendlich gar nicht, dass so viele Tiere zu uns in die Aufzucht kommen. Das Ziel ist es, durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit das Bewusstsein der Gäste zum einen Umgang an den Küsten zu verstärken, dass sie wissen, was sie tun können. Aber auch, was sie mit nach Hause nehmen und dort tun können, um dazu beizutragen, dass nicht nur der Lebensraum der Seehunde sondern auch der Vögel und Wattwürmer, Muscheln etc. weiterhin geschützt wird.

Bild: © Pixabay

Was bedeutet es für euch persönlich, hier tätig zu sein, und jeden Tag so einen wichtigen und wesentlichen Beitrag zum Schutz der Tiere zu leisten?

JS: Ich mache ja in erster Linie die Bildung und mich freut es dann einfach, wenn man schon bei den jungen Menschen, wenn die hier sind, dafür sorgt, dass sie etwas Positives mitnehmen. Wir hatten mal ein kleines Kind hier, das war fast etwas erschreckend, das sich über Müll informiert hat. Dann ist der Mama aus Versehen ein Taschentuch aus der Tasche gefallen und dann hat das Kind angefangen zu weinen. Wenn man halt sieht, dass man anderen Leuten etwas mitgibt, ist das etwas Schönes. Mir liegen die Region hier und die Seehunde sehr am Herzen, ich bin an der Küste aufgewachsen und möchte eben, dass das länger noch so ist. Dass es ein Lebensraum ist und die Tiere da auch weiter existieren können und wir Menschen das genießen können und es eben nicht nötig ist, ein Zaun darum zu bauen und zu sagen, das ist jetzt Betretungsverbot. Dass ein guter Raum für alle geschaffen wird. Und so hoffe ich, dass wir durch unsere Arbeit hier einen Teil dazu beitragen.  

„Da gibt es so viele Dinge, die einen dazu bringen, weiterzumachen. Dass die Leute auch mit einem Lächeln nach Hause gehen und sagen „es war so toll“ und man die Tiere am Ende auch wieder auswildern kann.”

UM: Was neben den Tieraspekten auch noch wichtig ist, ist die Freiwilligenarbeit, zu sehen, wie sich viele hier durch unser Team und unsere Arbeit auch entwickeln. Das ist schön zu sehen. Wir freuen uns auch über die ganzen jungen Leute, die für ein paar Monate hier sind, oder auch ein Jahr und das finde ich auch toll, diese Entwicklung zu sehen, die sie in einem Jahr hinlegen. Das ist eine schöne Sache. Aber man sieht ja auch bei den Tieren eine tolle Entwicklung. Da gibt es so viele Dinge, die einen dazu bringen, weiterzumachen. Dass die Leute auch mit einem Lächeln nach Hause gehen und sagen „es war so toll“ und man die Tiere am Ende auch wieder auswildern kann.

Was kann man von außen tun, um euch und die Seehundstation zu unterstützen? Was gibt es da für Projekte? Worauf möchtet ihr besonders hinweisen?

JS: Was am einfachsten ist, sind natürlich Spenden. Derzeit wird der Betrieb rein aus Spenden und Eintrittsgeldern finanziert. Wir haben verschiedene Möglichkeiten wie Patenschaften für Heuler, wo das Geld eingesetzt wird für die Aufzucht, das Futter und Personal. Aber auch durch den Heringsschwarm, wo hier jeder durch den Kauf eines Heringsschildes Teil der Gemeinschaft bzw. des Schwarmes an der Wand wird, unterstützen wir die Bildungsarbeit. Dann gibt es auch monatliche Beiträge, wie zum Beispiel durch Kinder, die monatlich 1€ von Taschengeld spenden, bis hin zu 100€. Das ist zwar eher die Ausnahme, aber egal wie viel es ist, es hilft alles. Und ja, manchmal haben wir auch Schulklassen, die verkaufen im Rahmen von Sommerfesten, einem Weihnachtsbasar, o.ä. Sachen zu Gunsten der Seehundstation. Oder es finden Projektwochen zum Thema Wattenmeer statt, wo wir diese auch gerne mit Material unterstützen und manchmal spenden die uns auch etwas zurück. Auch wenn junge Leute für ein 2–3 monatiges Praktikum oder gar 1 Jahr nach der Schule nach der Schule zu uns kommen. Ohne die würde es nicht gehen.

UM: Kürzlich wurden auch Transportkisten gespendet, aber auch Handtücher werden gebraucht und uns zugeschickt.

JS: Die Freiwilligen würden sich hier sicher auch über Fahrräder freuen (lacht), wo wir wieder bei umweltschonender Mobilität wären. Da gibt es viele Optionen, wie man uns unterstützen kann, was vielleicht zu Hause nicht mehr gebraucht wird…

Mehr dazu hier: www.seehundstation-friedrichskoog.de

Das ganze Interview ist in einer vorherigen Ausgabe des Magazins Pure & Positive erschienen.


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