Simone Hanselmann ist seit Jahren als erfolgreiche Schauspielerin tätig. Unter anderem als Patin für das SOS-Kinderdorf Uvira im Kongo ist sie darüber hinaus noch sozial sehr engagiert. Mit uns schaut sie ganz persönlich auf ihre Rollen, was sie dabei nachhaltig geprägt hat, was sie von ihrer Zeit in den USA mitgenommen hat, wie sie in die Zukunft schaut, ob sie ein Lebensmotto hat und was sie tut, um physisch und mental gesund zu bleiben.
Liebe Simone, du bist seit Jahren erfolgreich als Schauspielerin. Hättest du jemals etwas anderes machen wollen? Gab es mal eine Rolle, die dich nachhaltig auch persönlich geprägt hat?
Ich hatte früher schon verschiedene Berufswünsche, aber Schauspielerin zu werden war mein ganz großer Traum. Ich habe allerdings viele Interessen und denke manchmal, wie mein Leben wohl wäre, wenn ich Ärztin oder Politikerin geworden wäre. Schriftstellerin ist auch noch ein großer Wunsch. Das wäre ja tatsächlich noch möglich. Dass ich noch Medizin studiere ist dagegen eher unwahrscheinlich. Aber umso lieber spiele ich Ärztinnen. Ich finde das alles wahnsinnig interessant. Aber die Realität des Berufs ist unglaublich hart. Ich habe Respekt vor allen, die den Beruf ausüben. Ja, auf irgendeine Art hat mich meine Rolle „Dr. Edda König“ bei „Alles außer Sex“ geprägt. Ich habe das Gefühl, dass ich mit dieser Rolle im Erwachsensein angekommen bin.
Wie suchst du deine Rollen aus? Gibt es etwas, was du besonders gerne spielst?
Ich liebe Comedy. Und auch körperliche Rollen. Ich mag es, wenn Frauenrollen etwas Starkes haben. Das heißt nicht, dass sie nicht verletzlich sein dürfen. Aber eben selbstbestimmt, eigen.
Du hast mal eine Zeit lang in den USA gelebt. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen und wie erlebst du es heute im Vergleich zu Deutschland?
Ich habe in dieser Zeit die Freiheit kennengelernt, die dort herrscht. Amerikaner haben ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Niemand geht davon aus, vom Sozialstaat aufgefangen zu werden. Was natürlich ziemlich schreckliche Auswirkungen haben kann, sorgt aber auch dafür, dass man mehr Chancen bekommt. „The Sky is the limit“. Man kann groß träumen. In Europa ist alles stärker reguliert, bürokratischer. Dafür gibt es Sicherheitssysteme, wenn man Hilfe braucht. Ich fühle mich als Europäerin wohl und schätze Solidargemeinschaften, wünsche mir manchmal aber etwas mehr Lust am Mitwirken, daran, etwas zu bewegen und sich als aktives Mitglied der Gesellschaft einzubringen.
„Ich bin Optimistin und bereit, etwas für den positiven Ausgang zu tun.”
Du bist außerdem Mutter einer Tochter. Wie schaust du auf die Zukunft und wie sich alles gerade entwickelt? Was denkst du sollten wir unseren Kindern Stärkendes mitgeben?
Ich denke, Kinder sollten immer das Gefühl von ihren Eltern bekommen, dass sie gewollt und geliebt sind. Dass sie wichtig sind und ernst genommen werden. Das ist unabhängig von der Zeit, in der sie groß werden. Ich weiß, dass es eine wichtige Zeit ist, in der gravierende Weichen für die Zukunft gestellt werden. Ich denke, wir haben gute Chancen, wenn wir alle an einem Strang ziehen, alles in die richtige Richtung zu lenken und sehe nicht schwarz. Ich bin Optimistin und bereit, etwas für den positiven Ausgang zu tun. Hoffentlich bin ich damit für meine Tochter ein gutes Vorbild.
Bild: © Simone Hanselmann
Du wurdest beim Modelwettbewerb Gesicht ’96 entdeckt und hast anschließend als internationales Model gearbeitet. Wie schaust du heute auf dieses Business und was würdest du machen, wenn deine Tochter ebenfalls mit dem Wunsch zu dir kommen würde, mal als Model zu arbeiten?
Ich denke, es hat sich viel verändert. Es wird darauf geachtet, wie mit jungen Mädchen umgegangen wird. Allerdings konnte ich mich immer ganz gut wehren. Mir ist nichts wirklich Schlimmes passiert und ich hatte eine große Klappe und habe ausgeteilt, wenn ich schlecht behandelt wurde. Da hatte ich Glück. Aber ich finde auch, man sollte eine gewisse Reife haben, um vor der Kamera zu arbeiten. Kinder sollten erst ihre Persönlichkeit im Privatleben entwickeln können.
Des Weiteren bist du sozial sehr engagiert, u.a. für das SOS Kinderdorf und Patin für Uvira im Kongo. Hier wird vor allem gegen den Raubbau an der Natur und für den Umweltschutz vor Ort gearbeitet sowie sich seit 1997 für die Rechte von Kindern, Jugendlichen und Familien eingesetzt. Wie beobachtest du den Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo und wie kann jede/r helfen?
Im Kongo gibt es seit Jahrzehnten immer wieder schlimme Konflikte und ein Ende ist nicht in Sicht. Ich möchte dazu keine politische Meinung äußern. Ich habe nur eines Tages einen Beitrag über Frauen und Kinder im Kongo gesehen und war erschüttert. In einer Region der Welt zu leben, in der nie Stabilität und Sicherheit herrscht und ständig von unterschiedlichen Seiten Gräueltaten verübt werden, das hatte ich mir nicht vorstellen können. Dass man gänzlich schutzlos dieser Willkür ausgeliefert ist, die Vorstellung hat mich verrückt gemacht. Ich habe mich dafür entschieden, dauerhaft in dieser Region eine Organisation unterstützen zu wollen, die der Zivilbevölkerung Schutz und Zukunft bietet. Es ist oft einfacher für NGOs tätig zu werden, weil sie sich nicht auf politischer Ebene einmischen. Das kann unter anderem auch Fluchtursachen verhindern. Wer bereit ist, die Augen vor dem Leid anderer nicht zu verschließen und etwas tun möchte, dem empfehle ich, sich den Verein auszusuchen, dessen Arbeit man besonders schätzt, und diesen dann dauerhaft zu unterstützen. Mit einer Spende, die vorhersehbar über Jahre kommt, kann man rechnen, planen und etwas entwickeln. Jede Hilfe ist großartig, aber ich habe mich entschieden, langfristig zu spenden.
„Freundschaften, Liebe, Familie — soziale Bindungen sind, wissenschaftlich nachgewiesen, das Wichtigste für den Menschen und sein Glück. (…) Ich wünsche mir ein respektvolles Miteinander, auch wenn nicht alle meine Mitmenschen meinen Ansprüchen gerecht werden.”
Als Botschafterin der SOS-Kinderdörfer weltweit hast du in einem Interview mal über die Bedeutung von Freundschaft gesprochen. Inwiefern wird das auch für unsere aktuelle Zeit vielleicht immer wichtiger, wo wir doch eine zunehmende Verrohung in der Gesellschaft wahrnehmen, sogar schon unter Kindern und Jugendlichen?
Freundschaften, Liebe, Familie — soziale Bindungen sind, wissenschaftlich nachgewiesen, das Wichtigste für den Menschen und sein Glück. Was die Verrohung der Gesellschaft angeht, so finde ich gerade, dass sich Mitgefühl und Freundlichkeit eben nicht nur auf den Kreis beschränken sollte, der für einen selbst relevant ist. Ich wünsche mir ein respektvolles Miteinander, auch wenn nicht alle meine Mitmenschen meinen Ansprüchen gerecht werden. Ob die Verrohung tatsächlich zunimmt, frage ich mich allerdings. Luft nach oben gibt es immer, aber früher war auch nicht alles Gold was glänzt. Ich bin dafür, sich damit nicht weiter zu beschäftigen und seine Energien darauf aufzuwenden, es besser zu machen. Generell. jeden Tag.
Hast du ein Lebensmotto?
Eher eine Orientierungshilfe, von der ich mir erhoffe, dass es mir manchmal gelingt. Leider auf Englisch: „Wake up. Be awesome. Repeat.“ (Deutsch: „Aufwachen. Großartig sein. Wiederholen.” Anm. d. Red.). Ich habe diesen Wunsch an mich selbst, dass ich, ungeachtet dessen, was außen passiert, versuche, mein Bestes zu geben. Wäre doch schön, wenn man am Ende der Welt etwas mehr gegeben als genommen hat.
„Generell gebe ich mir Mühe, mein Leben in Balance zu halten.”
Wie gehst du mit Höhen und Tiefen um und was tust du, um physisch und mental gesund zu bleiben?
Generell gebe ich mir Mühe, mein Leben in Balance zu halten. Und mit mir selbst eine gute Beziehung zu haben. Denn schließlich muss ich es vom ersten bis zum letzten Atemzug mit mir aushalten. Also sollte ich mich besser mögen. Sport und gute Ernährung sind gut, das weiß ja jeder. Aber wenn mal alle Stricke reißen, gehe ich sofort zu einem Coach oder einer Therapeutin. Da sollte man nicht lange fackeln. Wenn es in der Gefühlswelt schmerzt, muss man zum Arzt, wie bei physischen Schmerzen auch. Aber das Ziel von solchen Maßnahmen sollte es meiner Meinung nach auch sein, dass es einem besser geht. Dass man sich nicht in den Problemen, die man hat, einrichtet, sondern lernt, diese zu überwinden. Oder besser damit umzugehen.
Was ist dir noch wichtig?
Die Erkenntnisse, die ich für mich gesammelt habe, sind nicht allgemeingültig und ich möchte niemanden bevormunden oder Menschen den Eindruck vermitteln, dass ich über den Dingen stehe. Manches schaffe ich ganz gut, an anderen Stellen habe ich Defizite. Und besonders möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich mehr kann oder kapiert habe, als andere. Frauen brauchen keinen Druck von anderen Frauen. Ich kämpfe auch viel mit mir und manchmal verliere ich…