Endometriose-Symptome natürlich lindern: Im Gespräch mit einer Praktikerin für funktionelle diagnostische Ernährung.

Christin Prizelius | 08.05.24 | Interview mit Sarah König | © Sarah König

Als Functional Diagnostic Nutrition Practitioner (Praktikerin für funktionelle diagnostische Ernährung) spricht Sarah König mit uns u.a. über Endometriose, Adenomyose und Unfruchtbarkeit sowie ganzheitliche Ansätze und Möglichkeiten. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Cairns / Australien.

Du lebst seit einigen Jahren in Australien, bist Mama von zwei Kindern und über deine eigene gesundheitliche Geschichte zu dem gekommen, was du heute tust. Du beschäftigst dich u.a. mit dem Thema, das immer mehr Frauen betrifft, aber leider doch noch immer tabuisiert wird: Endometriose. Bitte nimm uns doch mal mit auf deinen Weg. Wie hast du überhaupt rausgefunden, dass du unter Endometriose leidest? Mit welchen Symptomen war das für dich verbunden?

Es ging bei mir im Grunde mit Magenproblemen los, noch bevor wir versucht haben, überhaupt schwanger zu werden. Nach dem Essen wurde mir oft übel und da ich vermehrt Schmerzen auf der rechten Seite hatte, bin ich dann oft ins Krankenhaus gekommen. Verbunden war das Ganze mit starken Blutungen und keiner hatte Ansätze für die Ursache. Wir Frauen reden uns dann leider sehr oft ein, dass das normal ist. Später ist mir bewusst geworden, dass wir einerseits zwar schon weit gekommen sind in der Medizin, aber wenn wir Menschen chronisch krank werden und gewisse Symptome haben, fehlt andererseits dafür häufig das Verständnis. Außerdem kommt dazu, dass wir dann schlichtweg medikamentös den Alarm abstellen, aber nicht wissen, wo das Feuer eigentlich ist. Man muss es ganzheitlich betrachten. Ich hatte beispielsweise zu wenig Magensäure und es fehlten mir gewisse Nährstoffe, um richtig verdauen zu können. Das ist zu Beginn schon ein wichtiger Schritt, zu schauen, was im Magen und mit der Verdauung passiert. Alles im Körper hängt zusammen. Als wir versucht haben, schwanger zu werden, musste ich erstmal heilen. Wir essen leider zunehmend ungesünder und sollten weniger aus dem Paket verarbeiten, sondern viel mehr auf frische Zutaten in unserer Ernährung achten. Also war das Stichwort für mich mal von Grund auf aufräumen.

“Aber ich hatte die Angst ja nun mal und es mir nicht nur eingeredet. So entstand eine konstante Angstspirale.

Nach der ersten Schwangerschaft ging es dann ziemlich schlimm weiter. Um den Eisprung herum fühlte ich mich aufgebläht und durch Eiseninfusionen hatte ich jeden Monat aufs Neue so starke Blutungen, dass ich kaum das Haus verlassen konnte. Außerdem hatte ich starke Rückenschmerzen und konnte mich schwer konzentrieren, schlecht schlafen und hatte Angst- sowie Panikattacken. Jedes Mal, wenn ich zum Arzt gegangen bin, wurde mir gesagt, dass wohl manche Symptome schlichtweg in meinem Kopf sind. Aber ich hatte die Angst ja nun mal und es mir nicht nur eingeredet. So entstand eine konstante Angstspirale. Irgendwann holte ich eine zweite Meinung ein sowie Rat von einer Frauenärztin, die bei mir schließlich Endometriose und Adenomyose festgestellt hat. Ich wollte nun keine weiteren Medikamente nehmen, aber auch keine weitere Operation und hatte ja auch noch den weiteren Kinderwunsch. Meine Ärztin war aber ehrlich und sagte, dass sie mir nicht helfen kann. Also fing ich bei mir selber an, wollte mehr über Ernährung wissen und fing an das zu studieren. So kam ich zu meiner Ausbildung, stellte vieles um und vier Monate später war ich schwanger.

Du sagst, deine Leidenschaft ist es heute Frauen wie dir zu helfen, ihre Endometriose-Symptome natürlich zu lindern und einen besseren Umgang damit zu finden, also ohne Medikamente oder medizinische Unterstützung. Welchen Ansatz hast du hier? Wie arbeitest du?

Wenn ich anfange mit den Frauen zu arbeiten, nehme ich mir zu Beginn erst einmal ganz viel Zeit und höre mir ihre Geschichte an. Bei Endometriose und Adenomyose muss man sich den ganzen Körper anschauen. Oft geben wir unseren Autos eine bessere Untersuchung als uns selbst. Hormone, Verdauung, Immunsystem, Leber, Energieproduktion, Nervensystem spielen eine große Rolle. Dann machen wir Tests, wie beispielsweise Stuhltests, um zu sehen, was im Magen los ist, oder untersuchen den Speichel. Aber auch die Haare können wir testen. So ergibt sich immer mehr ein Gesamtbild. Wir schauen, dass der Körper in Balance kommt, man ihn unterstützt und die Funktionalität wieder aufbaut.

Bild: © Sarah König

“Das Ziel ist, sich sicherer in sich selbst zu fühlen.”

Was beinhaltet “Nutri Root Health” für dich?

Nutri Root ist die Leidenschaft für die Ernährung von der Wurzel an sowie den Körper von Grund auf unter die Lupe zu nehmen. Was stört den Körper und was ist die Geschichte?! Wenn ich die Testergebnisse bekomme, schaue ich nicht nur auf dem Papier, sondern auch die Person vor einem ist wichtig. Das Ziel ist, sich sicherer in sich selbst zu fühlen. Stress ist dabei ebenfalls ein großer Faktor und sollte nicht unterschätzt werden.

Für viele Frauen mit Endometriose ist, auch wenn damit leider noch immer nicht transparent umgegangen wird, unerfüllter Kinderwunsch ein Thema. Was sagst und empfiehlst du deinen Klientinnen bzw. Kundinnen, wenn sie damit zu dir kommen? 

Ich sehe, dass es für diese Frauen teilweise nichts Schlimmeres gibt, vor allem diese Enttäuschung. Der Ansatz ist hier ähnlich wie bereits erwähnt. Wir machen bestimmte Tests, schauen uns die Geschichte an sowie die Magengesundheit, Leber und die hormonelle Balance. Da stellen sich oft schon erste Erkenntnisse ein, aber manchmal sind auch Bakterien da, die der Leber Probleme machen. Die Behandlung ist ähnlich, aber muss im Gesamtzusammenhang gesehen werden.

Ich kann mir vorstellen, dass deine Patientinnen aber auch Patienten teilweise sehr verzweifelt sind, wenn sie zu dir kommen. Hast du daher vielleicht auch 2–3 Erfolgsgeschichten aus deiner Arbeit für uns?

Ein Beispiel ist eine Patientin, die am Anfang des Jahres mit chronischer Verstopfung zu mir kam. Oft geht das einher mit Endometriose. Nun habe ich gerade wieder mit ihr gesprochen und es geht ihr schon sehr viel besser, sie hat mehr Energie und schlichtweg mehr Lebensqualität. Eine andere Patientin ist jetzt schwanger nach langem Probieren und natürlich sehr glücklich und wiederum eine andere hatte eine Zyste am Eierstock, wo eigentlich nur eine OP in Frage kam. Außerdem hatte sie ein Myom, das 9cm groß war, und wo die Gefahr bestand, evt. die Gebärmutter zu verlieren. Sie wollte vorher aber alles versuchen. Natürlich kann auch ich nicht alle OPs vermeiden, aber wir versuchen es und bleiben ergebnisoffen. Ein weiterer Scan hat dann nach einer Weile ergeben, dass die Zyste weg ist und auch das Myom ist kleiner geworden. Das sind dann natürlich Erfahrungsberichte, die mich freuen.

“Die Frage sollte für alle gelten: Nicht was kann ich einnehmen, sondern was kann ich tun?!”

Du arbeitest hauptsächlich online mit Frauen von überall auf der Welt, aber schon überwiegend im englischsprachigen Raum. In Deutschland wird “ein natürlicher” Umgang mit gesunder Lebensweise, aber auch spezifisch Endometriose, leider nicht von den Krankenkassen unterstützt. Wie ist das in Australien oder auch anderen Gesundheitssystemen, von denen du weißt? Erkennst du ggf. langsam einen Wandel?

Foto: © Sarah König

Nein, ich würde leider eher sagen im Gegenteil. Egal ob Amerika, England oder hier in Australien: Es gibt keine Unterstützung dafür, was natürliche Heilweisen angeht. Vor ein paar Jahren konnte man noch zum Heilpraktiker gehen, aber es wird leider zunehmend mehr gestrichen. Obwohl vieles günstiger wäre als eine OP, ist dieser Verlauf ist aber leider erkennbar. Gesunde Menschen bringen einfach kein Profit. Die Frage sollte für alle gelten: Nicht was kann ich einnehmen, sondern was kann ich tun?! So sind wir nun mal aber leider oft konditioniert.

“Wir sollten unserer Ernährung in der heutigen Zeit wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, mehr daran arbeiten und ein Gefühl für das Essen entwickeln.”

Wenn Frauen mit dem Wunsch nach einer besseren Ernährung, um sich besser zu fühlen und Gewicht zu verlieren zu dir kommen: Welche Tipps hast du für sie? Was ist abhängig vom Alter bzw. gesundheitlichen Vorgeschichten auch zu berücksichtigen? Was beinhaltet ein Gesundheitscoaching außerdem?

Als Erstes anschauen wir auch hier an, wie die Ernährung aktuell ist. Die Blutzuckerbalance ist hier wichtig, weil das wiederum mit den Hormonen zusammenhängt, aber wir schauen uns auch mit den Tests den Stoffwechsel oder die Schilddrüse an. Da ist jeder Mensch unterschiedlich und individuell. Wichtig sind auf jeden Fall mehr gesunde Fette und dann schauen wir, ob mehr oder weniger Kohlenhydrate und Proteine besser sind. Gut sind Kokosnuss- oder Olivenöle. Omega 6 Öle sollte man weglassen sowie künstliche Zucker. Wir sollten unserer Ernährung in der heutigen Zeit wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, mehr daran arbeiten und ein Gefühl für das Essen entwickeln. 

Außerdem gibst du auf deinem Blog Impulse zum Thema “detoxification pathways”. Bei uns ist “Digital Detox” immer mehr ein Begriff und automatisch wird damit verbunden, zwanghaft und krampfartig auf etwas verzichten zu müssen. Dabei sagst du, macht es unser Körper ganz von alleine. Magst du uns vielleicht auch hier noch etwas erzählen und wie wir ihn dabei unterstützen können?

Das Detox-Denken verbinden viele leider nicht gleich mit der Leber oder dem Entgiften. Bei mir ist das genau andersrum. Es geht nicht darum, etwas krampfartig zu entziehen. Alles fängt an mit dem Dickdarm. Wenn wir nicht auf Toilette gehen, können wir in unserem Trichter nicht gut entgiften. Viele Organe sind dafür wichtig, wie die Haut, das Lymphsystem, die Nieren, Lungen, Gallengänge und Zellen. 1–3 x am Tag zur Toilette zu gehen ist optimal. Aber nicht nur die Leber ist entscheidend, sie ist lediglich der Hauptbahnhof bei der Entgiftung. Wenn es um Detox geht, brauchen wir viele Nährstoffe, die leider oft fehlen. Wir sollten Energie aufbauen und die ursprünglichen Funktionen unterstützen, nicht dem Körper etwas entziehen. Parasiten, Chemikalien, Bakterien und vieles mehr arbeiten an und in uns. Es geht also darum, dass wir den Körper unterstützen, es alleine zu schaffen.

Gibt es eine bestimme Ernährung, die Frauen mit Endometriose besonders hilft? Wie können wir unseren Körper mit Ernährung heilen?

Es geht eigentlich darum, Dinge erst mal zu entnehmen, die es schlimmer machen, wie Fast Food, Alkohol, künstlicher Zucker oder Omega 6 Öle. Stattdessen sollten wir mehr natürliches Obst und Gemüse essen, auch wenn es teurer ist. Bewusster einkaufen und an anderer Stelle sparen, kann schon helfen. Es geht um eine gute Basis und mit einfachen Fragen bei sich anzufangen: Wie ernähre ich mich? Wieviel Obst und Gemüse esse ich wirklich? Die Zutaten sind das Essen! Das ist für viele schon eine Herausforderung, weil sie aus der Packung essen, aber auch auf Produkte zu achten, die man im Haushalt verwendet und was man sich auf die Haut schmiert und der Körper so verarbeiten muss. Man muss nur einfach irgendwo anfangen. Lange eingeschlichene Routinen erledigen sich nicht über Nacht. Ich denke wir, hinterfragen generell nicht genug und müssen den Körper mehr verstehen lernen. Wir reagieren nur und stellen lediglich den Alarm aus. So hat es ja bei mir auch angefangen. Irgendwann wollte ich mehr wissen, hinterfragen und war neugierig. Es geht nicht darum, alle Antworten zu haben, sondern sie zu finden und neugierig zu bleiben. Vielleicht ist da noch mehr. Jedes Symptom steht für etwas und dem muss man auf den Grund gehen…

Sarah König ist Functional Diagnostic Nutrition Practitioner und hilft Frauen, ihre Endometriose- sowie Adenomyose-Symptome zu lindern. Sie hat außerdem einen Blog und eine Community, um weiter aufzuklären und das Thema zu enttabuisieren. Sie lebt seit 2007 mit ihrer Familie an der Ostküste Australiens.

www.nutriroothealth.com.au

Das ganze Interview findet ihr auf Spotify und YouTube.

Foto: © Sarah König


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