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„Wenn Humor heilen hilft!“

Christin Prizelius | 24.05.24 | Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen | © Dr. Eckart von Hirschhausen

Dr. Eckart von Hirschhausen studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus in Berlin, London und Heidelberg. Seine Spezialität: medizinische Inhalte auf humorvolle Art und Weise zu vermitteln und gesundes Lachen mit nachhaltigen Botschaften zu verbinden. Seit vielen Jahren kennen wir ihn als Komiker, Autor und Moderator in den Medien und auf allen großen Bühnen Deutschlands. Hinter den Kulissen engagiert sich Eckart von Hirschhausen mit seiner Stiftung HUMOR HILFT HEILEN für mehr gesundes Lachen im Krankenhaus, Forschungs- und Schulprojekte. Wir durften ihm zu seinem Buch “Die bessere Hälfte. Worauf wir uns mitten im Leben freuen können” gemeinsam mit Tobias Esch ein paar Fragen stellen.

Lieber Herr Dr. von Hirschhausen, was genau ist nun am Altern und im Alter positiv, wenn die körperlichen Beschwerden zunehmen und eventuell auch Themen wie gesellschaftliche Isolation usw. eine Rolle spielen?

Altern ist mehr als körperliche Beschwerden und Verfall. Altern ist kein Abgesang – Altern ist Leben für Fortgeschrittene. Wir hypnotisieren uns selbst mit schlechten Erwartungen, weil wir denken, ab 40 geht es nur noch bergab. Natürlich kommen die Zipperlein verstärkt in der zweiten Lebenshälfte: Mal zwackt das Knie, mal der Rücken oder es wird, wie bei mir, jetzt plötzlich eine Brille nötig. Eine Entspannungsbrille, wie der Verkäufer so freundlich betont hat, da er das Wort Gleitsichtbrille unbedingt vermeiden wollte (lacht). Aber per se ist es doch erstmal eine gute Nachricht, dass wir immer älter werden! Oder um es salopp zu formulieren: Man ist vorher nicht an etwas anderem gestorben. Ein neugeborener Junge hat heute eine Lebenserwartung von 78 Jahren und 4 Monaten und ein neugeborenes Mädchen 83 Jahren und 2 Monaten. Eine heute 50-jährige Frau wird statistisch über 80 Jahre alt, das ist doch erst einmal ein Grund zur Freude!

Was kann man denn nun dafür genau tun, um glücklich alt zu werden?

Ganz einfach: Lassen Sie alles weg, was das Leben verkürzt! In meinem Liveprogramm „Endlich!“ bringe ich es ganz einfach auf den Punkt: 15 Jahre unseres Lebens hängen am Lebensstil. Es gibt keine Tablette, keine Operation und erst recht keine Creme, die uns besser schützen, als fünf ganz einfache Dinge des Alltags: nicht rauchen, bewegen, Gemüse – erwachsen werden und Kind bleiben. Wenn ich live mit meinem Programm auftrete, frage ich auch immer nach dem jüngsten und dem ältesten Zuschauer. Und da sitzen dann wirklich alle Altersgruppen, von 12 bis weit über 80. Und alle haben Spaß — generationenübergreifend. Humor ist der sicherste Weg, glücklich alt zu werden und ein echtes Lebenselixier. Genau wie positive Gemeinschaftserlebnisse. Und auch für mich ist live das Schönste!

“Sie können anderen etwas geben, glauben an etwas, das über sie hinausweist, haben die Fähigkeit zu lieben und sich selbst als liebenswert zu empfinden.”

Welche Tipps haben Sie für die zweite Lebenshälfte und was kann die Zufriedenheit fördern? Was macht die innerliche Zufriedenheit aus? Warum sind viele im Alter oft zufriedener?

Menschen sind im Alter sehr oft zufrieden, wenn sie eine Aufgabe haben, der sie sich mit Hingabe widmen können. Sie können anderen etwas geben, glauben an etwas, das über sie hinausweist, haben die Fähigkeit zu lieben und sich selbst als liebenswert zu empfinden. Unabhängig vom Alter gibt es auch bestimmte Charakterstärken, die besonders eng mit Zufriedenheit verknüpf sind, zum Beispiel Hoffnung, Neugier und Dankbarkeit. Diese Stärken sind übrigens nicht angeboren, sondern lassen sich ausbauen und trainieren. Sie sind sogar ansteckend. Deshalb lohnt es sich, sich mit starken Persönlichkeiten auseinanderzusetzen: Sie färben ab. 

Was hat es mit dem Wohlfühl-Paradoxon auf sich?

Die Forschung zeigt, dass es Älteren oft gelingt, ihre Zufriedenheit von körperlichen Gebrechen loszukoppeln. Das nennt man das „Wohlfühl-Paradoxon“. Man setzt die Erwartungen nicht mehr so hoch, kann loslassen, wird gelassener. Es gibt einen gesunden Geist in einem nicht mehr ganz gesunden Körper. Das ist keine Selbsttäuschung, wie man denken könnte, sondern ein Befund, der sich immer wieder bestätigt. 

Bild: © Dr. Eckart von Hirschhausen, Steffen Jänicke

Ist Ihr Buch dabei ausschließlich für die ältere Generation gedacht?

Das könnte man erst einmal denken, aber gerade für die jüngere Generation enthält das Buch viele positive Botschaften: Die zweite Hälfte des Lebens ist die bessere! Nach dem Tal der Tränen in der Lebensmitte, wo einen viele Dinge gleichzeitig stressen, kommt die Zeit, wo man trotz einiger Macken tatsächlich gelassener wird, und positive Dinge stärker wahrnimmt. Das verändert die gängige Sicht des Älterwerdens komplett. Also für alle jungen Leser: Man kann nicht immer 17 sein, muss man auch nicht!

“Nur durch die Endlichkeit bekommt jeder Moment seinen Wert, seine Tragik oder Komik.”

Wie geht man im Alter positiv mit Ängsten um, vor allem der Angst vor dem Tod?

Ich möchte nicht beschönigen, dass es am Ende des Lebens auch Schmerzen und Situationen der Verzweiflung gibt. Aber aus Angst vor dieser letzten Phase die ganze Zeit in Sorge zu verbringen, ist echte Zeitverschwendung. Und ein tröstlicher Gedanke: Ein ewiges Leben wäre sterbenslangweilig! Nur durch die Endlichkeit bekommt jeder Moment seinen Wert, seine Tragik oder Komik. Ich will vor allem rüberbringen: Seid nicht die ganze Zeit gegen das Leben. Ich bin Anti-Anti-Aging! Wir sind biologisch mit zwei Programmen ausgestattet: Vermehr dich und verzieh dich. Bringe etwas Neues in die Welt — seien es Kinder oder Ideen — und dann steh dem Neuen nicht ewig im Weg. In einem meiner Lieblingscartoons, den ich jeden Abend auf der Bühne zitiere, sagt Charly Brown: „Eines Tages werden wir alle sterben“, darauf antwortet ihm Snoopy: „Ja, aber an allen anderen Tagen nicht.“


Dr. von Hirschhausens „PINGUIN-GESCHICHTE ODER: WIE MAN SICH IN SEINEM ELEMENT FÜHLT — für uns zum Thema „Stärken“

Diese Geschichte ist mir tatsächlich passiert, schreibt er. Ich war als Moderator auf einem Kreuzfahrtschiff engagiert. Da denkt jeder: „Mensch toll! Luxus!” Das dachte ich auch. Bis ich auf dem Schiff war. Was das Publikum angeht, war ich auf dem falschen Dampfer. Die Gäste an Bord hatten sicher einen Sinn für Humor, ich hab ihn nur in den zwei Wochen nicht gefunden. Und noch schlimmer: Seekrankheit hat keinen Respekt vor der Approbation. Kurzum: ich war auf der Kreuzfahrt kreuzunglücklich. Endlich! Nach drei Tagen auf See, fester Boden. „Das ist wahrer Luxus!” Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du auch Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: hat Gott bei dir die Knie vergessen?” Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion. Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet über 2500 km weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte: „Fehlkonstruktion!” Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt. Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt. Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig.

Und wer nicht so ist, wie die anderen, sei getrost: Andere gibt es schon genug! Immer wieder werde ich gefragt, warum ich das Krankenhaus gegen die Bühne getauscht habe. Meine Stärke und meine Macke ist die Kreativität. Das heißt, nicht alles nach Plan zu machen, zu improvisieren, Dinge immer wieder unerwartet neu zusammen zu fügen. Das ist im Krankenhaus ungünstig. Und ich liebe es, frei zu formulieren, zu dichten, mit Sprache zu spielen. Das ist bei Arztbriefen und Rezepten auch ungünstig. Auf der Bühne nutze ich viel mehr von dem, was ich bin, weiß, kann und zu geben habe. Ich habe mehr Spaß, und andere haben mit mir mehr Spaß. Live bin ich in meinem Element, im Flow! Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern: Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und Schwimm! Und du wirst wissen, wie es ist, in deinem Element zu sein.

Mehr unter: www.hirschhausen.com und www.humorhilftheilen.de.

Das gesamte Interview wurde in einer vorherigen Ausgabe des Magazins “Pure & Positive” veröffentlicht.


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