Hanna Aden wurde 1983 in Heidelberg geboren. Neben ihrem erlernten Beruf als Sonderpädagogin schreibt sie journalistische Texte und Kolumnen für Zeitschriften. Sie war Mitglied der Jury für den DELIA Literaturpreis. Schon für ihren Roman “I love you, Fräulein Lena” ließ sie sich von der Geschichte ihrer Großmutter inspirieren. Im neuen Buch “Lass uns tanzen, Fräulein Lena” geht es um ein Flüchtlingsfräulein im Nachkriegsdeutschland und ihr Weg zum Glück: mitreißend und authentisch. Dazu hat Hanna Aden ein paar Fragen beantwortet.
Bitte erzählen Sie ein bisschen über sich und wie Sie zum Schreiben kamen…
Ich bin Schriftstellerin und WG-Mitbewohnerin bei zwei Katzen. Meine Tage beginne ich am liebsten mit einer traditionellen chinesischen Teezeremonie, weil die so viel Gelassenheit schenkt. Zurzeit lebe ich in Bochum. Ich stamme aus einer großen, liebevollen und manchmal etwas verrückten Familie. Auch zehn Jahre nach dem Tod meiner Großmutter Christel Hanna treffen sich ihre sechs Kinder und zwölf Enkel immer noch an dem Wochenende, an dem sie ihren Geburtstag gefeiert hätte. Neben meinem eigenen Schreiben unterrichte ich auch andere Menschen in dieser schönen Kunst.
Welchen Bezug gibt es für Sie zu der Stadt Hannover?
Hannover ist der Ort, an dem ich gelernt habe, wie man Bücher schreibt! Hannover ist auch die Stadt, in der ich vom Mädchen zur Frau wurde. Hier studierte ich Sonderpädagogik und zog mit meinen Freundinnen um die Häuser. Wir hielten Picknick in den Herrenhäuser Gärten, tanzten auf Partys im Capitol und auf dem Faust-Gelände und suchten nach der großen Liebe. Da ich in Wunstorf aufgewachsen bin und sowohl dort wie auch in Seelze und Hildesheim Familie habe, kann ich glücklicherweise nach wie vor häufig in diese schöne Region reisen. In Bochum werde ich oft gefragt, was mir an Hannover am meisten fehlt. Dann sage ich jedes Mal: Die Inliner-Strecke rund um den Maschsee! So etwas Schönes gibt es an anderen Orten einfach nicht.
„Junge Menschen haben ein Recht darauf, von Zeit zu Zeit glücklich zu sein, zu tanzen und zu lachen, auch dann, wenn die Welt unterzugehen scheint.”
Was an diesem neuen Buch entstammt Ihrer persönlichen Familiengeschichte?
In den Memoiren meiner Großmutter gibt es eine Anekdote, wie sie als Flüchtling mit ihren Schwestern in einer Dachzimmerunterkunft mit einem geliehenen Grammofon eine kleine Party gegeben hat. Es wurde getanzt und gelacht. Hinterher gab es Ärger mit der Hausnachbarschaft. Man beschwerte sich nicht etwa über die Lautstärke, sondern darüber, dass die jungen Frauen eine »Orgie« abgehalten hätten. Es gehörte sich offenbar nicht, dass Flüchtlinge lachten und unbeschwert Spaß hatten. Sie sollten den Kopf einziehen und dankbar für jede Wohltätigkeit sein, die man ihnen erwies. Diese Geschichte ließ mich nicht los. Junge Menschen haben ein Recht darauf, von Zeit zu Zeit glücklich zu sein, zu tanzen und zu lachen, auch dann, wenn die Welt unterzugehen scheint. Das ist jedenfalls meine Meinung. Das war die Initialzündung zu »Lass uns tanzen, Fräulein Lena«.
„Nachdem die Diktatur in Deutschland zu Ende ging, konnten die Menschen endlich wieder jede Musik hören, die sie liebten. (…) Auch deutsche Musiker wie Coco Schubert durften wieder auftreten und den Menschen in der Zeit des Hungers und der Not ein wenig Hoffnung schenken.”
Tanzen und Trümmerlandschaften: Ist das nicht ein großer Widerspruch?
In der Nachkriegszeit gab es viel Not und Hunger. Menschen mussten ihr Land wieder aufbauen und kämpften um das Überleben ihrer Familien. Trotzdem gab es Momente der Freude in dieser dunklen Zeit, nicht zuletzt musikalisch. Hitler hatte während seiner Herrschaft Jazz- und Swingmusik verboten. Ihm gefiel nicht, dass sie oft von Menschen mit der dunklen Hautfarbe eines Louis Armstrong gespielt wurde. Nachdem die Diktatur in Deutschland zu Ende ging, konnten die Menschen endlich wieder jede Musik hören, die sie liebten. Nicht zuletzt durch die englischsprachigen Besatzungssoldaten wurden Musikrichtungen wie Jazz und Swing in dieser Zeit immer beliebter. Auch deutsche Musiker wie Coco Schubert, der als Jude und Swingmusiker ins KZ gekommen war und dort für die Aufseher spielen musste, durften wieder auftreten und den Menschen in der Zeit des Hungers und der Not ein wenig Hoffnung schenken.
„Aber sie geht diese Herausforderung mit Mut, Selbstbewusstsein und einer Prise Charme an und findet einen ungewöhnlichen Weg.”
Fräulein Lena arbeitet als Dolmetscherin, aber auch in der Waschküche. Wie steht sie zur Frage »Haushalt oder Karriere«?
Für Fräulein Lena ist ihre Familie das Wichtigste. Sie arbeitet hart, damit ihre Schwester zur Schule gehen und ihre Mutter aus dem Flüchtlingslager ausziehen kann. Allerdings ist Lenas Arbeit als Nachkriegs-Dolmetscherin für sie kein Selbstzweck. Genau wie die meisten Menschen möchte sie mit ihrem Beruf vor allem Geld für ihre Familie verdienen. Heimlich träumt sie davon, Ärztin zu werden. Mit diesem Traum eckt sie an, weil andere junge Frauen in ihrem Umfeld vor allem darauf hoffen, zu heiraten und einem Mann den Haushalt zu führen. Lena hat ein ähnliches Problem wie viele moderne Frauen: Sie möchte als Frau gesehen und geliebt werden. Gleichzeitig ist sie zurecht stolz darauf, dass sie im Beruf »ihren Mann« steht. Bei der Suche nach einer Lösung für dieses Dilemma warten harte Kämpfe auf Lena, auch mit dem bösen Gerede anderer Frauen. Zunächst ist sie überfordert. Aber sie geht diese Herausforderung mit Mut, Selbstbewusstsein und einer Prise Charme an und findet einen ungewöhnlichen Weg.
Beitrag: Mit freundlicher Genehmigung des Penguin Verlags.
Über das Buch von Hanna Aden: „Nordfriesland 1946: Wie zahlreiche Vertriebene wird auch die junge Lena Buth, die nach ihrer Flucht aus Pommern in Niebüll eine neue Heimat gefunden hat, von den Einheimischen immer noch als »Rucksackdeutsche« argwöhnisch betrachtet. Einzig die Spaziergänge mit ihrem Freund Rainer sind Lenas Lichtblick. Sehnsüchtig wartet sie auf ein deutlicheres Zeichen seiner Zuneigung. Hat seine Zurückhaltung mit den Gerüchten zu tun, die jemand böswillig über Lena streut? Ablenkung erfährt sie durch ihre neue Kollegin Doro, eine lebenslustige Berlinerin, die Lena nach Feierabend die ersten Tanzschritte beibringt und sie mitnimmt in die Jazzkeller der britischen Besatzungssoldaten. Hier genießt Lena, dass es noch mehr im Leben gibt als Entbehrung und harte Arbeit.”
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Bild: © Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH