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Die Heilung vom Leben steckt im Leben selbst.

Christin Prizelius | 11.12.23 | Interview mit Manuel Cortez | © Saina Bayatpour
Du bist erfolgreich als Schauspieler, Musiker, Hypnose-Coach, Mentaltrainer sowie Speaker und Bestsellerautor. Da fragt man sich wie du das alles schaffst. Du zeigst dich aber auch ganz offen und ehrlich und sprichst u.a. in deinem Buch “Angst im Gepäck” darüber, wie dich Panikattacken, große Selbstzweifel und Depressionen jahrelang begleitet haben. Wie war das für dich und was macht das mit dir, so offen darüber zu sprechen?

Ich kann auf ein sehr buntes und vielseitiges Leben zurückschauen und habe das Privileg gehabt, dass ich mich künstlerisch sehr ausleben durfte. Ich habe viele Möglichkeiten geschenkt bekommen, die gleichzeitig mit großen Hürden, einer großer Kraft und auch Hindernissen verbunden waren. Das ist etwas, was oft nicht gesehen wird. Aus Social Media sieht alles immer so toll aus, was aber nicht der Wirklichkeit entspricht. Im Grund wird eine ganze Generation gerade in einer großen Lüge erzogen. Viele Stunden in meinem Leben waren sehr düster und ich war lange intensiv damit beschäftigt, meine Seele und meinen Geist nicht an diese Dunkelheit zu verlieren. Ich war bemüht, mich nicht in meinen Mangel, meine erlebten Erfahrungen und meine Ängste zu verlieren, die mich seit meiner tiefsten Kindheit geprägt haben. Daraus resultierten bestimmte Verhaltensmuster in meinem Leben, eine große Destruktivität zum Beispiel im Umgang mit Drogen, Betäubung und einem exzessiven Lebenswandel, der dazu führen sollte, mich wieder zu fühlen und zu spüren. Auf der anderen Seite habe ich mich über viele Jahrzehnte hinweg so verschlossen, dass mir im Grunde eine Verbindung zu mir selbst komplett gefehlt hat. Heute erst bin ich mir bewusst, was es bedeutet sich wirklich zu fühlen. Gleichzeitig habe ich aber auch versucht, meinen Ängsten und Paniken entgegenzutreten.

“Ich alleine gegen die Welt war lange mein Überlebensprinzip.”

Zu Beginn verlief allerdings noch in Ablehnung, Kampf und Streit. Aber wenn das Licht ausging und die Betäubung nachließ, war ich noch am selben Punkt. Jim Carrey hat mal gesagt, es soll jeder mal reich und berühmt sein um zu erkennen, dass das nicht die Lösung ist. Es hat alles schon viel Freude bereitet und war auch ein Geschenk, aber letztendlich nicht die Lösung meines Problems. Vieles war sehr anstrengend bis zu dem Punkt, an dem ich schließlich nicht mehr konnte. Ich bin ein sehr energiegeladener Mensch, der viel Kraft hat, und diese Menschen kämpfen oft sehr lange. Ich alleine gegen die Welt war lange mein Überlebensprinzip. Als ich dann irgendwann aber nicht mehr konnte war die Zeit gekommen, mich etwas Neuem zuzuwenden. So kam ich zu einer anderen Lebensphilosophie und Lebenseinstellung, die mich und mein Leben sehr verändert haben — die Art zu denken, zu fühlen, zu handeln und die Welt zu sehen.

Du sagst, es war ein langer Weg der Selbsterkenntnis aber auch ein Prozess der Selbstheilung. Welche Technik hat dir hier geholfen? Welche Rolle spielt hier die Kindheit?

Die Kindheit ist alles. Die ersten sieben Lebensjahre sind Prägung und die anderen Lebensjahre sind im Grunde Wiederholung. So merken wir, wie diese ersten Jahre unser gesamtes Leben ausmachen. Wir müssen uns mal bewusst machen, dass wir dann am meisten geprägt werden, wenn wir am wenigsten dafür können und abhängig sind. Die größten Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit kommen aus einer kindlichen Erfahrung, derer wir als Erwachsene gewachsen wären. Diese Prägungen sind so stark, dass wir daraufhin unsere Muster aufbauen, worauf wir dann wiederum die Erfahrungen machen und am Ende glauben, dass wir das wären. Dabei haben all die Dinge, die wir als “Ich” definieren, nichts mit uns zu tun, es ist nicht unser innerer Kern. Es hat so viel damit zu tun, wie wir aufwachsen und welche Werte von Liebe und Ablehnung wir erleben. Ich hatte keine schlechte Kindheit, es waren einfach alltägliche Dinge, die mich geprägt haben. Es war das, warum ich die Angst hatte. Mein Herz war kalt und mein Panzer irgendwann so hart, dass ich auf diesem Weg niemals in eine Aufarbeitung hätte kommen können.

Mir hat die Hypnose dann damals sehr geholfen. Hier konnte ich kognitiv in die Tiefe gehen. Wissen hatte ich zwar viel, aber das Wissen drang irgendwie nicht vom Verstand ins Herz. Man muss bedenken, dass Wissen keine Erfahrung ist, Wissen ist nur Information. Das emotionale Erleben hat gefehlt. Erst durch die Hypnose bin ich aus der Vermeidung rausgekommen.

Was waren hinderliche Glaubenssätzen, gegen die du gearbeitet hast?

“Alle andere ja, aber DU NICHT!”, “Alle können, aber DU NICHT!” oder “Alle dürfen, aber DU NICHT!”. “Du nicht” steht hier für die gesamte Ausgrenzung, die Ablehnung und das Gefühl des Andersseins. Weniger talentiert oder gar dumm und es nicht wert zu sein…, alle sind richtig aber DU NICHT. Das hat einerseits mein Leben sehr geprägt, aber andererseits war es auch ein großer Antrieb, allen zu beweisen, dass ich es anders ist. Diese Wut in mir hat dafür gesorgt, dass ich ehrgeizig war und auch gekämpft habe.

“Angst ist nicht dein Feind und kommt nicht von außen, sondern ist eine Reaktion auf Erfahrung.”

Du schreibst u.a. über die friedliche Akzeptanz deiner Angst und Heilung und wie man trotz Angst ein erfülltes, glückliches und selbstbestimmtes Leben führen kann. Was ist hier deine Haupterkenntnis?

Angst ist nicht dein Feind und kommt nicht von außen, sondern ist eine Reaktion auf Erfahrung. Selbst wenn ich etwas nicht erlebt habe, kann man mir Angst vermitteln. Wir fürchten so viele Dinge, die man uns mitgegeben hat, ohne sie selbst erlebt zu haben. Als ich das verstanden hatte, ist das große dämonische Bild der Angst in sich zusammengefallen und ich konnte an den Ursachen für diese Reaktion arbeiten. Angst hat eine schützende Funktion und wenn sie kommt, hat das einen Grund. Sie ist bei mir nur deshalb so allumfassend und bedrohlich geworden, weil ich sonst niemals hingehört hätte. Wenn wir lernen diesen Drachen zu zähmen, werden wir sehr stark und kraftvoll. Dann gehen wir friedvoll mit der Situation um, anstatt zu kämpfen.

Die Angst vor der Welt bringt uns nicht ins Leben. Ich sage immer die Heilung vom Leben steckt im Leben selbst. Wir müssen rausgehen, leben, neue Erfahrungen machen und diese dann auch bewusst speichern. Wir können zwar nicht die Welt verändern, aber unsere Perspektive auf sie.

Foto: © Manuel Cortez

Wenn du mal aktuell auf all das schaust, was um uns herum geschieht, sozial, politisch, ökologisch und vieles mehr… Wie schaffst du es dennoch, optimistisch zu bleiben? Was ziehst du überhaupt Positives aus den schwierigen Zeiten in deinem Leben?

Ich habe mal eine Sache gelernt, die sehr lebensverändernd war. Wir Menschen hier im Westen unterliegen einer massiven Illusion. Diese Illusion ist so stark, dass sie alles beeinflusst und steuert, was wir tun — und das ist, dass wir permanent denken, dass immer alles gut und unser Leben glücklich sein muss. Das ist einfach Blödsinn! Weder muss das Leben immer leicht sein, noch muss es immer schmerzfrei oder gut sein. Das einzig Wichtige ist, dass es lehrreich ist. Durch die digitalen Medien hat sich einiges geändert. Damals gab es auch Kriege, wovon aber viele nichts mitbekommen haben. Heute passiert etwas am anderen Ende der Welt und alle schreiben Artikel darüber. Es gibt also nicht mehr Kriege als früher, wir bekommen sie nur alle mit. Und wir denken es wird von uns erwartet, dass wir jedes Thema mitleiden müssen. Daher haben wir auch das Gefühl, dass das Leid überdimensional groß ist und wir zu allem eine Meinung haben und uns auf eine Seite stellen müssen. Ich denke viel mehr, dass wir in einer Welt mit ganz viel Meinung und ganz wenig Haltung leben. Mich beschäftigt also: Was ist meine Haltung? Was ist meine Aufgabe und was kann ich tun? Das ist das, was in meinem Leben zählt, denn mehr kann ich ohnehin nicht beeinflussen. Warum denken wir nicht ohnehin mehr in Lösungen?! So werden aber leider keine Zeitungen verkauft. Vielen geht es schlichtweg nicht um Lösungen, sondern um das Herauslassen der eigenen Frustration.

Du bezeichnest dich selbst als Freigeist. Was macht einen Freigeist für dich aus? Warum ist dir das so wichtig?

Weil es der einzige Weg der wirklichen freien und glücklichen Existenz ist. Ein freier Geist ist der, der die Umstände, Prägungen und Impulse unserer Welt prüft, neutralisiert und für sich neu bewertet und schätzt. Ein Freigeist ist der, der nein sagt, wenn es notwendig ist, und ja sagt, wenn er es möchte. Wir werden so viel in Konzepte und gesellschaftliche Rollen gepresst. Es gibt so viele Dinge, die unfrei machen. Der Mensch, der im Geiste nicht frei ist, wird immer ein Sklave sein — egal ob in Armut oder im goldenen Käfig. Ein Sklave ist unfrei. Wie sollen wir dann von Glück, Fülle und Wohlstand sprechen können, wenn wir Sklaven sind?! Ein Freigeist macht für mich auch aus, dass er das Gesetz der Neutralität versteht. Auch Geld macht uns nicht frei, es gibt uns nur mehr Möglichkeiten, das zu kompensieren. Wir leben in einem so reichen Land und trotzdem jammern die Leute nur. Das ist sehr federführend und beispielhaft dafür, wie sehr wir im Grunde in der Unzufriedenheit des Wohlstands leben und wie sehr uns der Reichtum unsere Freiheit vergiftet. Wir haben einen anderen Konsum in die Welt gebracht, worunter sie im Grunde einbricht. Das ist unsere Verantwortung. Es gibt Menschen, die sehr viel einfacher, natürlicher und naturverbundener leben, aber wir haben der Welt unseren Stempel aufgelegt. Wir können die Welt zur verändern, und wir stehen an der Schwelle dazu, wenn wir uns davon befreien… Frei zu sein ist das höchste Gut, was wir haben.

In deinem Podcast sprachst du kürzlich über das Thema Magie und wie wir sie in unserem Leben entfesseln können, aber auch warum Träume auch zu Albträumen werden können. Erzähl uns bitte ein bisschen darüber.

In meinem “Freigeist-Podcast — 360 Grad leben” beschäftige ich mich mal mit Gästen oder auch mal alleine mit den Themen, die mich im Leben beschäftigen und teile meine Gedanken und Erfahrungen dazu. Ein Thema war neulich, wie wir unser Leben magisch machen. So habe ich mich mit meinen Erfolgen auseinandergesetzt. Dabei wurde mir klar, dass all meine Träume und die verbitterten Ziele, die ich erreicht hatte, mich nicht wirklich glücklich gemacht haben. Meine Träume sind deshalb zu meinen Albträumen geworden, weil sie nicht aus Freude geboren wurden, sondern viel mehr aus der tiefen Verzweiflung und Angst meinen Mangel zu kompensieren. Die Erfolge haben mich zwar befriedigt, aber das war nur kurze Befriedigung der Lust. So lange ich will, bin ich im Mangel. Also liegt es auch wieder an uns zu erkennen, wann wir Träume gehen lassen müssen.

Bringt dich hin und wieder noch etwas ins Wanken? Wie schaffst du es dann, wieder zurück ins Vertrauen zu gehen?

Ich habe exakt die gleiche Angst und die gleichen Themen wie früher, aber heute bin ich nicht mehr verpflichtet, emotional auf sie zu reagieren oder wochen- bzw. monatelang bei diesem Thema steckenzubleiben. Heute komme ich viel schneller aus den Mustern heraus, wenn sie mir unbewusst begegnet sind. Natürlich gibt es Dinge, die uns in unserem menschlichen Sein begegnen, wie zum Beispiel Existenzängste oder situative Lieblosigkeit anderer. Manche Dinge erwischen einen kalt und man reagiert, wie man wohl bedacht vielleicht anders reagiert hätte, aber man ist und bleibt eben ein Mensch.

Foto: © Manuel Cortez

Was hilft dir im Alltag immer wieder in deine Kraft zu kommen? Welche Rolle spielt hier das Pilgern?

Das ist ein etwas, woran ich noch arbeiten muss. Der Körper ist hier noch immer ein großes Thema für mich. Ich habe eine Zeit lang Raubbau mit meinem Körper betrieben, daher bin ich noch am Lernen, auch was die Ernährung angeht.

Ich unterscheide zwischen Wandern und Pilgern. Wandern kann ich immer und überall. Pilgern hingegen ist eine Reise zu mir selbst, der bewusste Weg mit Gott. Pilgern ist für mich ein Lebensweg, dann zelebriere ich, was ich bewusst im Alltag tue. Die Pilgerreise ist meine innere Haltung. Gott ist für mich das Universum und die Schöpfung. Es gibt viele Lampen, aber nur ein Licht. Auch auf Religionen trifft das zu.

Wie kann man mit dir arbeiten?

Zunächst einmal kann man viel über meine Webseite erfahren, mein Buch lesen oder meinen Podcast hören sowie mir auf Social Media folgen. Zweimal im Jahr biete ich Seminare an, in dem das Freigeistprinzip vermittelt wird. Nächstes Jahr am Weltfrauentag, 8.3.24 gibt es dann den “Female Summit” in München, auf dem ich sprechen werde, aber es gibt auch hypnotische Meditationen (u.a. kostenfreie Morgenmeditation) und vieles mehr. Darüber hinaus kann man sich auch ein Beratungsgespräch mit mir persönlich buchen, mir Fragen stellen und mit mir arbeiten.

Was ist dir zum Abschluss noch wichtig?

Was ich immer gerne vermittle ist, dass alles möglich ist. Das Paradies wartet nicht nach dem Tod auf uns, sondern ist im Leben. Wir entscheiden, ob die Welt, in der wir leben, Himmel oder Hölle ist. Wir halten es durch unsere Haltung und geistige Arbeit in der Hand. Jeder hält den Schlüssel seiner Freiheit und seines Glücks in den eigenen Händen. Es kann sein, dass wir ihn nicht erkennen oder er uns abtrainiert oder verboten wurde, aber deswegen ist und bleibt er trotzdem da…

Manuel Cortez ist ein Freigeist und Künstler, ein suchender Feingeist und moderner Denker. Ein Mensch, der das Leben und seine Vielfalt liebt, und niemals müde wird den Aufgaben, Hindernissen und Wundern dieser Welt offen entgegenzutreten.

Sein Prinzip der ganzheitlichen emotionalen Heilung von Körper, Geist und Seele, ist der Schlüssel zu wahrhaftiger Erfüllung und Gesundheit. Aus seinem eigenen Leidensweg mit Ängsten, Panikattacken und Burnouts entwickelte er das Geistestraining „Freigeist“ und teilt so seine Erfahrungen mit denen die nach Hilfe suchen. Seine Techniken und Coachings bietet Manuel in seinen Räumen in Berlin und München an.

Mehr zu Manuel Cortez: www.freigeist.world

Zum Buch: “Angst im Gepäck” — Trotzdem glücklich leben (Unbezahlte Werbung)


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