Gemeinsam für eine bessere Welt

Humor braucht man immer!

Christin Prizelius | 15.11.2024 | Interview mit Bernhard Hoëcker | © Guido Schröder

Bernhard Hoëcker ist bekannt als Schauspieler, Komiker und Moderator. Außerdem liegt für ihn als Lesebotschafter für die “Stiftung Lesen” die Bedeutung einer guten Lesekompetenz für die Bildungschancen von Kindern auf der Hand. Mit uns spricht er über Lebenseinstellungen, seine Bücher, das “Heldsein”, was ihm Kraft gibt sowie welche Bedeutung positive Nachrichten und Humor für ihn haben.

Sie gehören zu den bekanntesten und beliebtesten Comedians im Land. Wie viel Humor braucht man, um gut durch die aktuelle Zeit zu kommen?

Humor braucht man immer. In meinen Augen ist es das Hauptgewürz der Lebenszutat und sehr hilfreich. Manche Speise, die nicht gut ist, wird durch ein gutes Gewürz zu etwas sehr Leckerem und so ist das mit dem Humor auch. Und gerade in schlechten Zeiten ist es extrem wichtig, dass man lachen kann.

Wir haben zwar ohne Frage schwierige Zeiten und es ist gesellschaftlich auch nicht einfach und es muss politisch steuert, reguliert und unterstützt werden, aber es ging uns dennoch noch nie so gut.”

Warum genau?

Der Humor erfüllt dabei zwei Sachen. Zum einen nimmt er die Angst vor dem Bösen, wenn man sich lustig macht, und zum anderen schüttet man noch Glückshormone aus, wenn man lacht, und das tut einfach gut. Ich würde aber noch wo ganz anders ansetzen und behaupten wir haben überhaupt gar nicht so schlechte Zeiten. Wir haben zwar ohne Frage schwierige Zeiten und es ist gesellschaftlich auch nicht einfach und es muss politisch steuert, reguliert und unterstützt werden, aber es ging uns dennoch noch nie so gut.

Was tun Sie selbst, um sich zu erholen und was gibt Ihnen Kraft?

Grundsätzlich versuche ich meine Hobbys mobil zu halten. Das wäre beim Klavier spielen schon etwas schwierig, wenn ich auf Tour bin, oder Sport in einer Mannschaft spiele (lacht). Aber ich spiele Schlagzeug. Außerdem gehe ich gerne klettern und versuche überhaupt sehr bewusst zu leben. Ich recherchiere im Internet, schneide Videos oder betreibe Familienforschung. Das ist wie ein historischer Roman, wo man selber der Mitspieler und der aktuellste Band ist. Das ist etwas was mich entspannt, oder einfach über andere Dinge nachzudenken.

Bild: © Philipp Sann

Sie haben das Buch “Das Katzenhuhn” herausgebracht. Worum geht es da?

Es geht um das Huhn Timme auf dem Nordhof, das schon immer etwas anders war als andere Hühner. Eines Tages findet dieses Huhn auf dem Dachboden der Scheune einen Katzenumhang und beim Anprobieren stellt er plötzlich fest, wie es ist wie eine Katze hören, rennen und sehen zu können, aber gleichzeitig ist er eben immer noch ein Huhn. Er hat also jetzt beides vereinigt. Mit diesen Fähigkeiten als Katzenhuhn ist Timme nun in der Lage die diversen Probleme eines Hofes zu lösen.

„Die Hauptbotschaft ist, dass in uns allen so viel mehr steckt, als wir meinen. Wir müssen es selber einfach nur machen.”

Was ist die Hauptbotschaft?

Die Hauptbotschaft ist, dass in uns allen so viel mehr steckt, als wir meinen. Wir müssen es selber einfach nur machen. Das Problem ist leider viel zu oft, dass es einen Anlass braucht. Aber trau dir das einfach zu! Man wird es niemals schaffen, wenn man nicht anfängt.

Bild: © Lasse Heinrichs

Und in Bezug auf das Buch?

Was Timme sich als Huhn nicht traut, macht er jetzt plötzlich als Katzenhuhn. Und mir gefällt dabei besonders, dass bei den schwierigsten Problemen selten seine Krallen sondern viel mehr Mut zum Einsatz kommen. Man muss sich selber „hineinglauben“, dann schafft man es auch. Dabei gibt es Parallelen zur realen Welt. Wenn Kinder Superheldenkostüme tragen, sind sie oft besser in der Schule. Und mir kann niemand sagen, dass es an dem Kostüm liegt. Das heißt also die Kinder sind gut.

Und steckt darin auch etwas für Erwachsene?

Ja, sich beispielsweise bei einer schwierigen Aufgabe zurückzuziehen und selber zu sagen “Ich bin so gut!”. Gleichzeitig sollte man aber auch die Bescheidenheit behalten. Es geht viel mehr um diesen Impuls. Also nicht die Grundhaltung “Ich bin der Beste”, aber “Ich schaff das schon!” zu haben.

„Es gibt immer die Möglichkeit, im Alltag ein Held zu sein und sich zu engagieren, ob in der Nachbarschaft, in einem Verein oder in einer Partei, aber auch zusammenzusitzen und einfach mal eine andere Meinung zu haben. (…) Wenn jeder etwas tut, kann man im Großen schon etwas schaffen.”

Was braucht es in Ihren Augen zum “Heldsein” und brauchen wir vielleicht alle mal so einen “Katzenumhang”?

Ich bin der Meinung, dass jeder diesen Katzenumhang hat. Es ist viel mehr die Frage, ob man ihn findet, anzieht und bemerkt. Es gibt immer die Möglichkeit, im Alltag ein Held zu sein und sich zu engagieren, ob in der Nachbarschaft, in einem Verein oder in einer Partei, aber auch zusammenzusitzen und einfach mal eine andere Meinung zu haben. Man muss nicht immer die Welt retten und in ein brennendes Haus rennen, um Katzenbabys zu retten, sondern im Alltag mal die Vorfahrt gewähren, jemandem über die Straße helfen, in der Bahn aufstehen, Fahrrad statt Auto zu fahren oder überhaupt gelassener werden.

Was ist denn das Besondere an Helden?

Gelassener zu sein und nicht so viel Angst vor den Dingen haben. Also diese kleinen Dinge. Und dann kommt man auch weg von diesem “Ich kann eh nichts ändern!”. Wenn jeder etwas tut, kann man im Großen schon etwas schaffen. Ich vergleiche das mit dem Wandern: Je steiler der Weg, desto kleiner die Schritte.

Sie betonen auch die Magie des Lesens und wie wichtig Lesen und Leseförderung sind, auch für die Kleineren. Worum geht es in Ihrem Buch „Was macht Püüüp?“? Worin liegt hier der Schatz für Kinder?

Wir haben hier eine Welt geschaffen, in der die Geräusche nicht einfach entstehen, wie Schallwellen und Luftdruck, sondern auf dieser Erde von Wesen erzeugt werden. Es geht hier um die Suche nach dem „Wer bin ich und was kann ich? Was ist meine Aufgabe und was ist an mir anders als an anderen?!“. Das sind ja so Grundfragen, die sich alle Menschen stellen und Kinder natürlich auch. Und „Püüp“ weiß eben nicht wo es hingehört. Dieses Abenteuer, was bin ich und wo gehöre ich hin ist Kern des Buches.

„Wir vergessen einfach viel zu oft die guten Dinge im Leben!”

Was sagen Sie den Kindern?

Natürlich, dass Filme spannend sind, aber es doch viel schöner ist, wenn man selber liest oder vorgelesen bekommt und man alles selber ist: der Schauspieler, der Autor, man selber Musik macht, Stimmungen entstehen lässt, die Kamera in der Hand hält usw. Man hat so schlichtweg mehr Macht über die Geschichte. Wir vergessen einfach viel zu oft die guten Dinge im Leben!

Bild: © Privat

„Es gibt schließlich nichts Faszinierenderes als diese Welt da draußen. Man merkt dabei auch, wie unzulänglich wir sind und was für eine optische Täuschung vorherrscht.”

In der Rateshow „Wer weiß denn sowas?“ glänzen Sie mit einem beeindruckenden Allgemeinwissen. Was und wie viel tun Sie dafür und gibt es dabei etwas, was Sie selbst noch überrascht?

Danke erst einmal für das Kompliment, allerdings sehe ich das selber natürlich ein bisschen anders (lacht). Ich sehe viel mehr, wie oft ich nichts weiß. Ich bin einfach sehr neugierig und viel auf „Science- und Wissens-Seiten“ unterwegs. Und wenn man einmal damit angefangen hat, sich für Dinge zu interessieren, kann man sich vieles besser merken, weil es aufeinander aufbaut. Es gibt schließlich nichts Faszinierenderes als diese Welt da draußen. Man merkt dabei auch, wie unzulänglich wir sind und was für eine optische Täuschung vorherrscht. Und je mehr man sich damit beschäftigt, je komplexer werden die Dinge dann ja auch. Das macht schon Spaß.

Was interessiert Sie selbst besonders?

Das ändert sich natürlich mit der Zeit. Eine Zeit lang war es Physik, jetzt mehr Geschichte, Kultur, Sprachen und Länder, wie sich die Welt entwickelt hat und was alles passiert. Aber auch historische Romane lese ich aktuell gerne. Außerdem den Wert von heute zu erkennen. Kinder haben ‑selbst mit allen kritischen Dingen- noch nie in einer so guten Zeit gelebt wie jetzt. Wir waren noch nie so gesund, gebildet und hatten eine so hohe Lebenserwartung. Aber das Ding ist leider, dass man sich dem oft nicht bewusst ist. Am leichtesten funktioniert das dann, wenn man Geschichten aus der Vergangenheit liest, vielleicht auch aus der eigenen Familie und da bin ich wieder wie eingehend bei der Ahnenforschung. Generell bin ich einfach an dem interessiert, was mir andere Leute erzählen. 

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Video/Quelle: © Bernhard Hoëcker, Bundesweiter Vorlesetag, Stiftung Lesen zum “Bundesweiten Vorlesetag 2024”

„Wenn du über die Wiese gehst, guck auf die Blume und nicht auf das Laub.”

Auch als Comedystar und im Improvisationstheater schenken Sie den Menschen positive Momente und bereiten ihnen eine lustige und freudige Zeit. Was macht das mit Ihnen? Was können wir alle davon vielleicht auch ein bisschen für unseren Alltag mitnehmen?

Grundsätzlich sind ja positive Nachrichten einfach die schöneren und man braucht sie auch. Natürlich ist es aus evolutionärer Sicht sinnvoll, dass wir die negativen Dinge bewusster wahrnehmen, auch überbewerten und entsprechend reagieren. Nichtsdestotrotz scheint immer wieder die Sonne und sich dessen bewusst zu werden, versuche ich auch auf der Bühne rüberzubringen: Wenn du über die Wiese gehst, guck auf die Blume und nicht auf das Laub. Und auch wenn wir die Heizung jetzt etwas runter drehen müssen, kann eine Wollsocke doch auch schön sein. Das erzeugt eine andere Gemütlichkeit und man schätzt es mehr. Das zieht wiederum Kreise.

Wenn Sie aktuell eine Sache wirklich groß und nachhaltig beeinflussen könnten, was wäre das? Wie sähe ein weiterer Beitrag für eine bessere Welt aus?

Im Moment würde ich alles in Ökostrom verwandeln, ohne Ende Windräder bauen, sämtliche Kirchendächer Richtung Süden mit Solarpanels ausstatten und Verbrennerautos verschwinden lassen, ein Tempolimit einführen oder die Erbschaftssteuer erhöhen. Aber auch hier gibt es keinen Absolutheitsanspruch und natürlich gibt es Ausnahmen.

„Und da hilft sowohl meine als auch Wigalds Grundhaltung auf diese Welt: positiv zu sein…”

Ich habe gesehen, dass Sie ja wirklich viel unterwegs sind und man Sie live erleben kann. Bitte nehmen Sie uns hier mal mit…

Da gibt es zum einen mein Soloprogramm: „Morgen war gestern alles besser“. Da geht es genau um all diese Dinge. Vor Corona hieß es noch: Früher war alles besser. Ich halte das schlichtweg für falsch. Natürlich gab es Dinge, die früher besser waren, aber meistens auch nur, weil wir jünger waren. Das ist das übergeordnete Thema. Wie ist es heute und wie war es damals. Und mit Wigald Boning gemeinsam ist das Konzept noch simpler. Wir kommen auf die Bühne und beginnen mit: „Hat jemand eine Frage?!“ Und dann beantworten wir sie. Und es gibt wirklich alle möglichen Fragen. Für mich als Künstler ist das unfassbar spannend. Generell gilt bei Improvisationen ja eine Grundregel: Annehmen und damit umgehen. Und da hilft sowohl meine als auch Wigalds Grundhaltung auf diese Welt: positiv zu sein…

Bernhard Hoëcker sagt vor dem Hintergrund der Wichtigkeit des Lesens und Vorlesens: „Das Vorlesen ist eine der Möglichkeiten, bei der die Fantasie von Eltern und Kindern gleichzeitig und gemeinsam angeregt wird! Die gemütliche Situation, in der Vater oder Mutter ihrem Kind ein Buch vorlesen, das Kind jederzeit nachfragen kann und die Eltern das Tempo individuell variieren können, ist eine schöne Gelegenheit, bei der eine Geschichte zu einem Erlebnis für zwei wird.”

(Quelle: Stiftung Lesen)

Mehr dazu unter: www.bernhard-hoecker.de

Bild: © Guido Schröder

Das ganze Interview wurde in einer vorherigen Ausgabe des Magazins “Pure & Positive” veröffentlicht.


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Hanna Aden wurde 1983 in Heidelberg geboren. Neben ihrem erlernten Beruf als Sonderpädagogin schreibt sie journalistische Texte und Kolumnen für Zeitschriften. Sie war Mitglied der Jury für den DELIA Literaturpreis. Schon für ihren Roman "I love you, Fräulein Lena"...